Wien – 40 Menschen ertrinken jährlich in Österreich, fünf von ihnen sind Kinder. Nur die Hälfte der unter 19-Jährigen könne hierzulande sehr gut schwimmen, warnte der Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV), Othmar Thann, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Außerdem überschätzen viele ihr Können, wie eine neue Studie zur heimischen Schwimmkompetenz zeige.

Alle Jahre wieder erweist sich der Start der Badesaison auch als Beginn einer Häufung von Ertrinkungsunfällen. Viele könnten durch gute Schwimmkenntnisse verhindert werden, zeigt die Untersuchung "So schwimmt Österreich", die gemeinsam mit dem Roten Kreuz durchgeführt wurde und sich erstmals umfassend dieser Thematik widmet.

Neben den 51 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die Schwimmern können, gibt es 15 Prozent, die unsicher bis mittelmäßig zu schwimmen in der Lage sind. Die restlichen 34 Prozent Nichtschwimmer umfassen allerdings auch die Babys und Kleinkinder, denen das Schwimmen noch nicht gelehrt wurde.

Bei jedem zweiten Eigenheimneubau sei heute ein Pool dabei, meinte Thann. Acht Prozent der Bevölkerung ab fünf Jahren sind deklarierte Nichtschwimmer, sieben von zehn lernen von ihren Eltern. "Das Erlernen von Schwimmfähigkeiten ist von großer Bedeutung", sagte Thann. Ein einzelner Schwimmkurs sei im Allgemeinen nicht ausreichend, die Experten empfehlen zwei bis drei. Selbst dann komme es auf die Situation an: Wer im Becken gelernt hat, ist nicht unbedingt den Umständen im Meer, See oder in der Gegenstromanlage gewachsen.

Fehleinschätzung der Eltern

Die Studie zeigte auch eine Fehleinschätzung auf: Rund fünf Prozent der Eltern mit Kleinkindern unter fünf Jahren beurteilten die Schwimmkenntnisse ihres Nachwuchses als sicher oder sehr sicher. Tatsächlich können sich die meisten ab einem Alter von etwa vier Jahren zwar über Wasser halten, die motorischen Voraussetzungen zum richtigen Schwimmen können großteils aber erst zwischen dem fünften und sechsten Lebensjahr entwickelt werden. Das Durchschnittsalter, in dem dies derzeit erlernt wird, liegt bei fünf Jahren.

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Kinder und Erwachsene zeigen beim Ertrinken unterschiedliches Verhalten: Vor allem bei den Allerkleinsten handelt es sich um einen völlig lautlosen Tod. Sie schlagen nicht um sich, strampeln und schreien nicht und werden gerade im privaten Bereich sehr oft zu spät entdeckt. Bei Kindern bis fünf Jahren ist Ertrinken die häufigste tödliche Unfallursache; bei den älteren die zweithäufigste. Auf jedes Kind, das ertrinkt, kommt laut Fokusreport 2018 von "Große schützen Kleine" statistisch gesehen eines hinzu, das zwar gerettet werden konnte, aber schwere Gehirnschäden davongetragen habe.

Wasserstellen sichern

Wasser übt auf fast jedes Kind eine große Faszination aus – den Kleinen beizubringen, sich auf den Bauch zu legen, um mit den Händen ins Wasser greifen zu können, kann zumindest oft ein Hineinfallen verhindern. Die Spezialisten appellierten vor allem an Privatpersonen, Pools, Biotope und Badeteiche mit einem Zaun zu sichern und selbst bei Anwesenheit mehrerer Erwachsener immer einen explizit mit der Aufsicht am Wasser zu betrauen.

Harald Hertz, Chefarzt des Roten Kreuzes, rät zu einem Erste-Hilfe-Kurs für ein rasches Eingreifen im Notfall und verweist auf die richtige Reaktion im Fall eines Atemstillstands: "144 rufen, auf Freisprechen schalten und sofort mit Herzdruckmassage beginnen." Dabei müsse man – anders als oft im TV zu sehen – die Ellbogen durchstrecken. Grundsätzlich zähle jeder Augenblick.

Im langjährigen Verlauf scheint die Aufklärungsarbeit jedenfalls zu wirken. Die Zahl der Todesfälle durch Ertrinken hat sich laut Statistik Austria seit 2002 um zwei Drittel reduziert.

(APA, red, 18.6.2019)