Post vom Inkassobüro mit einer Zahlungsaufforderung, obwohl man nichts bestellt hat? Das kann passieren, wenn Betrüger auf falschen Namen bestellen.

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Online-Shopping ist easy. Die Hürden für Kunden sind niederschwellig. Name, Anschrift und E-Mail-Adresse eintippen, eine Zahlungsart auswählen, und schon ist die Ware auf dem Weg. Eine Kreditkarte ist oft nicht nötig – die Zahlung auf Rechnung macht's möglich. Das macht es allerdings auch für Betrüger einfach, im Namen ahnungsloser Nutzer zu bestellen. Die haben dann die Schererei, beweisen zu müssen, dass sie den Berg an Kleidung oder Kosmetika, der ihnen in Rechnung gestellt wird, in Wirklichkeit gar nicht bestellt haben.

Online (nicht) bestellt

So passiert ist es einem Leser des STANDARD. Vor etwa zwei Monaten erhielt er ein Inkassoschreiben. Er habe die Bestellung bei der Parfümerie Douglas nicht bezahlt und solle etwa 90 Euro inklusive Mahnspesen begleichen – insgesamt rund 400 Euro. Eine Nachfrage seinerseits ergab, dass jemand in seinem Namen im Dezember 2018 dort bestellt, eine alte Postanschrift des Betroffenen angegeben und als Zahlungsmethode den Zahlungsdienstleister Klarna ausgewählt hatte. Von den ersten Mahnschreiben hatte er nichts mitbekommen – sie gingen an die alte Adresse. Erst das mit der Sache beauftragte Inkassobüro ließ seine tatsächliche Adresse ausheben. Nach einer Beschwerde bei Douglas wurde die Zahlungsaufforderung zurückgezogen.

Nur wenige Monate später wurde dieselbe Person erneut Opfer eines solchen Identitätsmissbrauchs und Online-Betrugs. In diesem Fall wurde über die Online-Parfümerie Notino bestellt. Und dieses Mal ließ sich die Angelegenheit nicht so rasch klären. Sowohl Notino als auch Klarna erklärten dem Betroffenen, er müsse Anzeige erstatten.

Tatsächlich dürfte es eine weitverbreitete Betrugsmasche sein. Laut Maria Semrad vom Europäischen Verbraucherschutzzentrum kommen solche Fälle häufig vor. Im Fall des STANDARD-Lesers wurde die bestellte Ware an Abholstationen geliefert. Teilweise komme es auch vor, dass Lieferungen von den Betrügern direkt an einer Adresse abgefangen werden – etwa wenn diese nicht durchgehend bewohnt ist. Denn die Benachrichtigung über den Liefertermin kommt an die hinterlegte E-Mail-Adresse. Die Betrüger wissen, wann das Paket kommt. Mit der Bezahlung per Rechnung bzw. über Klarna müssen auch keine Zahlungsdaten angegeben werden. Die Rechnung liegt erst dem Paket bei bzw. wird an die E-Mail-Adresse geschickt, die nur die Betrüger kennen. Oft sind laut Semrad auch ältere oder behinderte Personen betroffen.

Was sollen Opfer tun?

Zuerst sollten Betroffene gegen die Mahnung bzw. das Inkassoschreiben und beim Online-Händler Widerspruch einlegen. Im besten Fall zieht dieser die Zahlungsaufforderung wieder zurück. Konsumenten könnten es auch auf ein Gerichtsverfahren durch den Online-Shop ankommen lassen, in dem sie dann glaubhaft machen müssten, dass sie nicht bestellt haben. Sie sollten aber auf alle Fälle Anzeige bei der Polizei erstatten.

Für den STANDARD-Leser ist nicht verständlich, wieso dieser Betrug so einfach funktioniert und warum sich am Ende das Opfer um alles kümmern muss. Er selbst ist zwar internetaffin, hat aber erst nach häufigem Nachfragen mehr Auskunft erhalten, was überhaupt passiert ist. Die Aufnahme der Anzeige bei der Polizei kostet ebenfalls Zeit. Für ältere Personen und solche, die sich nicht so gut auskennen, ist der Aufwand noch größer. Und da kann es auch passieren, dass sie die Forderung einfach bezahlen, weiß Semrad vom Verbraucherschutzzentrum.

Eine einfache Bestellmöglichkeit ist laut Konsumentenschützern prinzipiell gut. Denn sich erst glaubhaft ausweisen zu müssen, bevor man online etwas bestellen kann, wäre für Kunden ein zu großer Aufwand. "Der Gesetzgeber schreibt vor, dass man sich für einen Rechnungskauf nicht verifizierbar ausweisen muss", erklärt ein Sprecher von Klarna auf Nachfrage. Man versuche natürlich, Betrug zu verhindern. Sofern Daten einer Person bereits im Vorfeld ausgespäht wurden, sei es jedoch schwer, den Betrug früher festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Melden sich Betrugsopfer bei Klarna mit einer polizeilichen Anzeige, würden Rechnungen und Mahnverfahren pausiert. Zudem können die missbräuchlich verwendeten Daten in der Zukunft für Bestellungen gesperrt werden.

Kaum zu verhindern

Auch Claus Kahn, Leiter des Büros für Betrug, Fälschung und Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt, sieht kaum eine Möglichkeit, dieser Art des Betrugs einen Riegel vorzuschieben. Es sei praktisch nicht möglich zu verhindern, dass sich jemand eine E-Mail-Adresse mit dem Namen einer anderen Person anlegt und dann auf diesen Namen auch bestellt, erklärt er gegenüber dem STANDARD. Die Täter seien zum Teil international agierende, organisierte Banden. Zum Teil aber auch Einzelpersonen, die sich damit einen gewissen Lebensstil finanzieren würden. Wenn es einmal klappt, würden sie es dann auch wieder tun, so Kahn. Den Aufwand haben letztendlich die betroffenen Nutzer. (Birgit Riegler, 23.6.2019)