Die Alpinistin im Bild macht es richtig: Handschuhe, Pickel und ärmellange Bekleidung gehören schon auf mittelsteilen Schneefeldern zur Grundausrüstung.

Foto: Thomas Neuhold

Die Warnung der Bergrettung Annaberg lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: "Von einer Begehung des Austriaweges wird derzeit dringend abgeraten! Es sind zwingend mehrere steile, harte Schneezungen zu überqueren. Ohne Spezialausrüstung wie Pickel und Steigeisen sind diese nicht sicher zu begehen – Absturzgefahr!"

Mitteilungen wie diese für die Salzburger Seite des Gosaukammes sind diesen Sommer besonders oft zu lesen. Der schneereiche Winter hat viele Kare und Rinnen so angefüllt, dass sich hier bis weit in den Hochsommer der Schnee halten wird. In den Hochlagen über 2000 Meter liegt noch eine fast geschlossene Schneedecke, berichtet Klaus Wagenbichler von der Salzburger Bergrettung.

Gerade am Vormittag ist auf dem oft pickelharten Schneefeld stürzen verboten, sonst rast man unweigerlich am Ende des Schneefeldes in die Felsen und bleibt mit schweren Verletzungen liegen. Im besten Fall, denn oft endet das Schneefeld auch in der Senkrechten, im Absturzgelände.

Leichen mit Spezialgeräten geborgen

Die Unfallberichte der Bergrettung dokumentieren die gefährliche Situation. Im Vorarlberger Kleinwalsertal rutschten Anfang Juni zwei Wanderer aus und stürzten in ein Schneeloch. Die sechs Meter dicke Schneedecke konnte nur mit Spezialgeräten geknackt werden, um die Leichen zu bergen. Besser erging es zwei Deutschen in der Salzburger Osterhorngruppe. Sie erkannten die Gefahr der steilen Altschneefelder und konnten einen Notruf absetzen. Die Bergrettung barg das Ehepaar unverletzt.

Der ehemalige Chef des Sicherheitskreises beim Deutschen Alpenverein, Pit Schubert, hat schon vor Jahrzehnten in Versuchsreihen gezeigt, dass rutschende Bergsteiger auf einem harten, 40 Grad steilen Firnfeld schon nach wenigen Metern annähernd dieselbe Geschwindigkeit erreichen wie im freien Fall. Dazu kommt, dass sich durch die auch in großen Höhen anhaltenden hohen Temperaturen durch Wärmerückstrahlung vom Fels Hohlräume im Schnee bilden, in die man einbrechen kann.

"Stürzen will gelernt sein"

Die Empfehlung der Bergretter und des Kuratoriums für alpine Sicherheit: "Auf harten Altschneefeldern sollten Wanderer unbedingt Steigeisen und Pickel benutzen. Stöcke unterstützen zwar eine gute Lage des Schwerpunktes und können das Begehen von Schneefeldern erleichtern, sie können aber ein trügerisches Gefühl der Sicherheit vortäuschen. Kommt der Bergsteiger ins Rutschen, geben sie keinerlei Sicherheit." Auch die Bekleidung muss passen: Handschuhe sind Pflicht, kurze Hosen und T-Shirts tabu. Die Firnkristalle sind messerscharf, und bei einem Sturz kommt es oft zu schweren Schnittverletzungen.

Die beste Ausrüstung nutze freilich wenig, wenn sie nicht richtig eingesetzt werde, ergänzt der Chef der Salzburger Bergführer, Günter Karnutsch. "Auch Stürzen will gelernt sein", sagt Karnutsch. Gemeint sind Liegestütztechnik beziehungsweise die richtige Bremstechnik mit Pickel und Steigeisen. (Thomas Neuhold, 19.6.2019)