Die hübsche Ecke Florianigasse / Lange Gasse wurde zu einer empfehlenswerten Adresse für persische Küche.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Mahitsche ist im Ganzen geschmorte Lammstelze in Kurkuma, wunderbar saftig und weich.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Hayat Sijawasch vom Arezu meint zu wissen, warum sich die persischen Restaurants der Hauptstadt fast ausschließlich der Grillküche widmen – und das köstliche Füllhorn an geschmorten Gerichten oft links liegen lassen: "Einerseits sind Grillspieße für die Wiener Gäste nicht so ungewöhnlich, da ist man als Gastronom auf der sicheren Seite. Und die Perser machen sich die Schmorgerichte ohnehin daheim – für Fleisch von einem kraftvollen Grill aber gehen sie gern ins Restaurant."

Jetzt hat die Abenteuerlust der Wiener, was die Küchen des Mittleren Ostens von Israel über den Libanon bis Syrien betrifft, in den vergangenen Jahren aber deutlich zugenommen. Auch der Iran ist dank Pars auf der Lerchenfelder Straße, Apadana auf der Hamburger oder dem köstlich vegetarischen Kardamom am Schwedenplatz ohnehin seit Jahren etabliert.

Zwischen fruchtig sauer und zart süß

Umso mehr sei es Zeit für ein Restaurant gewesen, das die persische Küche auf zeitgemäße Weise präsentiert, sagt Hayat. Orientalisches Dekor gibt es bis auf den prächtigen, im Dauerbetrieb stehenden Samowar hinter der Schank keines: Das Arezu ist ganz einfach ein hübsches, zeitgemäßes Restaurant geworden.

Dass es auf der – gar nicht schlecht sortierten – Weinkarte nur einen Wein der urpersischen Sorte Shiraz gibt (Reserve Kirchtal vom Artner), ist ein bissl schade. Dass demnächst auch georgische Amphorenweine zu haben sein sollen, weil sie so besonders gut zu der auf Kräutern, Nüssen und Granatäpfeln fußenden Schmorküche Nordpersiens passen, ist dafür sehr gut.

Vorneweg empfiehlt sich die dichte, mit Dill angereicherte Joghurtsuppe Ashe Dough, ein säuerliches Kompendium mit Reis, Kichererbsen und würzigen Rindfleischbällchen. Oder man hält sich, bei der Hitze logisch, gleich an die kalten Vorspeisen. Den Salat Esfenaj Anar etwa, mit knackigem Spinat, Kräutern, Nüssen, Schaffrischkäse und einem berückenden Dressing aus Granatapfelmelasse und Olivenöl, zwischen fruchtig sauer und zart süß oszillierend, sehr exotisch. Oder Kashke Bademjan, gehackte, gebratene Melanzani mit Trockenjoghurt.

Dazu darf man sich dann an Sabzi Jat gütlich tun, den automatisch eingestellten frischen Kräutern mit einer dicken Scheibe milder, weißer Zwiebel, Schafskäse und Radieschen. Ein Tiegel Mast Musir ist auch kein Fehler, das dicke Joghurt wird mit mildem, iranischem Wildknoblauch gewürzt und gibt der fetten Melanzani Kontra. Zeytoon Parvarde, grüne (leider fixfertig entsteinte und ergo aromatisch zurückhaltende) Oliven in einer Creme aus Walnüssen und Granatapfelmelasse, machen auch Freude.

Schmilz, Bohne

Dann aber die Hauptspeisen: Mahitsche ist im Ganzen geschmorte Lammstelze in Kurkuma, wunderbar saftig und weich. Dazu kann man, wie beim Perser Pflicht, aus dreierlei Basmati wählen: dem klassischen Safranreis mit der ebenso klassischen, Tah-Dig genannten Kruste, locker duftig, butterzart; oder Zereshk Polou, mit säuerlichen Berberitzen angereichert; oder aber vielleicht die köstlichste Variante, mit zart schmelzenden dicken Bohnen und Unmengen an Dill zu Baghali Polou vollendet: hohe persische Reiskunst (siehe Bild).

Ghorme Sabzi, langsam in Kräutern geschmorte Kalbshüfte, wird mit fast schwarzer, wundersam würziger Sauce serviert. Fesendjan mit luftig zarten Rindfleischbällchen ist eine Sauce aus Granatapfelmelasse und Nüssen, sauer, wild, fruchtig. Grillen können sie im Arezu aber auch, ob Shishlik aus butterzarten Lammkoteletts, Kubideh aus elastisch-knusprigem Lamm- und Kalbsfaschiertem oder gerollte Djudje, saftiges Huhn mit Kurkuma. Immer dazuordern: Torshi, explosiv saure, würzige Gemüsepickles – die stellen im Konzert mit den Sabzi-Jat-Kräutern nämlich sicher, dass man immer noch einen Happen nimmt, auch wenn man eigentlich längst satt ist. (Severin Corti, RONDO, 21.6.2019)

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