Eine Demo vor der EU-Kommission in Brüssel machte schon 2017 darauf aufmerksam, dass die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vernachlässigt werden.

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New York/Wien – Die Umsetzung der 2015 verabschiedeten UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals/SDGs) könnte einer neuen globalen Studie zufolge scheitern. Bis dato sei kein Land auf dem Weg, alle 17 übergeordneten Punkte zu erfüllen, teilten die Autoren einer weltweiten Studie unter Federführung des UN-Sonderberaters Jeffrey Sachs mit.

Historische Versprechen, aber kaum Taten

"Den historischen Versprechen sind kaum Taten gefolgt", sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der deutschen Bertelsmann-Stiftung, die den Bericht mit herausgibt. Man müsse die UN-Ziele, die sich die internationale Gemeinschaft selbst gesteckt hatte, in konkrete Maßnahmen überführen. "Armut und ungleiche Bildungschancen verschwinden nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern nur durch Taten."

Die Nachhaltigkeitsziele gelten als die globalen Vorsätze der Vereinten Nationen und seiner Mitgliedsstaaten. Zu ihnen gehört, dass kein Mensch mehr in Armut leben oder Hunger leiden soll, dass der Zugang zu Bildung und der Gesundheitszustand verbessert werden, die Diskriminierung von Frauen beseitigt und der Klimawandel bekämpft werden sollen. Die Ziele sollen bis 2030 erreicht werden und folgten den Millenniumszielen (Millennium Development Goals/MDGs) nach. Im September wollen die Staats- und Regierungschefs bei den Vereinten Nationen in New York eine Zwischenbilanz über das bisher Erreichte ziehen.

Wer die Ziele am ehesten erfüllt

Dabei gibt es der Studie zufolge, für die Daten aus 193 Ländern verglichen wurden, auch und vor allem großen Nachholbedarf bei den reichen Industriestaaten. Zwar kämen sie der Erfüllung der Ziele am nächsten, verursachen durch Massenkonsum und hohe Lebensstandards jedoch hohe ökologische und wirtschaftliche Kosten für andere Länder. So führe zum Beispiel die hohe Nachfrage nach Palmöl zu Waldrodungen in den Tropen, die Einlagerung von Geld in Steueroasen schade letztlich auch Entwicklungsländern.

Schweden, Dänemark, Finnland und Frankreich erfüllen laut der Bertelsmann-Studie die Nachhaltigkeitsziele am besten. Auf dem fünften Platz (von insgesamt 162) liegt Österreich, knapp dahinter Deutschland, Tschechien, Norwegen, die Niederlande und Estland. Relativ schlecht schneidet Nordamerika ab – Kanada liegt nur auf dem 22. Platz, die USA auf dem 37. Platz.

Österreich im Klimaschutz zurück

Österreich ist bei sechs der 17 SDGs der Studie zufolge auf einem guten Weg, bei sieben Zielen gibt es "moderate Verbesserungen", lediglich beim Thema Klimaschutz stagnieren die Bemühungen Österreichs derzeit. Zu drei Zielen waren laut Bertelsmann keine Österreich-spezifischen Informationen verfügbar.

Auch global zeigt der Bericht bei Klimaschutz und nachhaltigem Konsum die größten Nachlässigkeiten. Im Bereich der klimapolitischen Konzepte wird eine weitere Studie zitiert, in der USA, Russland, die Türkei und Saudi-Arabien mit einem "kritisch unzureichend" am schlechtesten bewertet werden. Die Politik von einigen EU-Staaten wird demnach etwas besser, aber noch immer als "unzureichend" eingestuft.

G-20-Staaten schlechte Vorbilder

Zudem rügen die Autoren die schlechte Vorbildrolle der G-20-Staaten. So seien die Industrieländer insgesamt für rund die Hälfte der globalen Umsetzungslücken zur Erreichung der Ziele verantwortlich. Hier fielen besonders die USA, Brasilien, China, Indien und Indonesien negativ auf. Nur wenige der G-20-Mitglieder gäben bisher die von der UN geforderten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Entwicklungshilfe aus. Auch Österreichs Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) sanken im Vorjahr auf den tiefsten Stand seit 2004.

Kosten für Dritte

Eine wesentliche Basis für die Kritik an den G-20- und OECD-Ländern sei auch ihre Rolle als Kostenverursacher: "Lebensstandards und Konsumvorlieben in den Industrieländern verursachen häufig externe Kosten in Drittländern", so Christian Kroll von der Bertelsmann-Stiftung. Die Schweiz, Singapur und Luxemburg verursachen demnach durch ihr Konsumverhalten der Weltgemeinschaft die höchsten Kosten in den Bereichen Umwelt, Sicherheit und Wirtschaft. (APA, dpa, 19.6.2019)