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Die vier Angeklagten.

Foto: Reuters, Eva Plevier

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298 Menschen sind bei dem Abschuss ums Leben gekommen.

Foto: AP/Peter Dejong

Kiew/Utrecht – Knapp fünf Jahre nach dem Abschuss eines Passagierflugzeugs über der Ukraine haben die Ermittler die ersten Haftbefehle gegen vier mutmaßliche Täter ausgestellt. Vier hochrangige prorussische Rebellen würden wegen mehrfachen Mordes strafrechtlich verfolgt, kündigten die Ermittler am Mittwoch an.

Drei sind den Angaben zufolge russische Staatsbürger, einer ist Ukrainer. Der Strafprozess gegen die vier Männer wegen 298-fachen Mordes solle am 9. März 2020 in den Niederlanden beginnen, erklärte der leitende Staatsanwalt Fred Westerbeke. "Das ist ein wichtiger Schritt."

Die Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 war am 17. Juli 2014 über der Ostukraine von einer Luftabwehrrakete des russischen Typs Buk abgeschossen worden. 298 Menschen starben, die meisten waren Niederländer. Am internationalen Ermittlerteam JIT beteiligen sich die Niederlande, Malaysia, die Ukraine, Australien und Belgien.

Internationale Haftbefehle

Die vier Hauptverdächtigen werden seit Mittwoch mit internationalem Haftbefehl gesucht: Der Kommandant der prorussischen Rebellen, Igor Girkin, der frühere russische Geheimdienstoffizier Sergej Dubinski, Oleg Pulatow, ebenfalls ein hoher Offizier bei den Rebellen, sowie der Ukrainer Leonid Kartschenko, ein Kommandant der Rebellen in Donezk.

Diese vier Männer sollen dafür verantwortlich gewesen sein, dass die Luftabwehrrakete aus Russland in die Ostukraine transportiert wurde. Zwei der Verdächtigen sollen sich den Ermittlungen zufolge in Russland aufhalten, ein weiterer sei zuletzt in der Ostukraine gesichtet worden. Die Ermittlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, sagte Staatsanwalt Westerbeke. Weitere Haftbefehle wurden nicht ausgeschlossen.

Angehörige hoffen auf Gerechtigkeit

Die Angehörigen von Opfern der Katastrophe reagierten positiv. "Das ist der erste Schritt auf dem Weg zur Gerechtigkeit", sagte der Niederländer Hans de Borst. Die Opferangehörige Silene Fredriksz erklärte, sie sei "glücklich, dass der Prozess endlich beginnen wird und dass die Namen verkündet wurden". Ihr Sohn und ihre Schwiegertochter waren unter den Opfern gewesen. Sie machte den russischen Präsidenten Wladimir Putin persönlich für den Absturz verantwortlich. "Weil er das möglich gemacht hat. Er hat die Situation geschaffen. Er ist der Hauptverantwortliche."

Bereits vor einem Jahr hatten die Ermittler Beweise veröffentlicht, wonach die Maschine mit einer Buk-Luftabwehrrakete abgeschossen wurde. Das Waffensystem stammte demnach von der 53. Brigade der russischen Armee bei Kursk. Es war zuvor von Russland in die Ostukraine gebracht und anschließend zurücktransportiert worden.

Moskau weist allerdings strikt jede Verantwortung zurück und macht die Ukraine verantwortlich. Der stellvertretende Regierungschef der selbsternannten Volksrepublik Donezk, Andrej Purgin, erklärte, es habe nicht einmal die technische Möglichkeit gegeben, das Buk-System von Russland in den Donbass zu transportieren. Das für den Abschuss benutzte System stamme vielmehr aus den Beständen der ukrainischen Streitkräfte. "In Donezk gab es einfach niemanden, der das hätte bedienen können", sagte Purgin. Die Anschuldigungen seien daher absurd. Vielmehr habe die Ukraine das Personal gehabt, um das System zu bedienen. "In Russland werden die Anlagen praktisch schon nicht mehr benutzt", so Purgin.

Der Kreml kritisierte die Ermittlungen darüber hinaus als einseitig. "Russland hatte keine Möglichkeit, an den Ermittlungen zu dieser furchtbaren Katastrophe teilzunehmen, obwohl wir das von Anfang an angeboten hatten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch laut der Agentur Interfax.

Es scheint bisher unwahrscheinlich, dass die Verdächtigen auch zum Prozess erscheinen werden. Der Prozess kann in den Niederlanden aber auch in Abwesenheit der Angeklagten stattfinden. Russland lehnt die Auslieferung eigener Staatsbürger ab. (red, APA, dpa, 19.6.2019)