Das Freizeitangebot muss passen: ein Bewohner der Seniorenstadt Sun City in Arizona beim Golfspielen.

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Typisch für die Stadt ist der kreisrunde Aufbau, Grünflächen, Golfplätze, Parks und Wasserläufe durchziehen die Wohnbereiche mit den einstöckigen Häusern. Wer nach Sun City im US-Bundesstaat Arizona reist, findet sich in einer Welt der Älteren und Pensionisten wieder. Die 1960 gegründete Seniorenstadt ist fast barrierefrei gestaltet, der Alltag kann zu Fuß auf kurzen Wegen bewältigt werden. Sun City ist auch ein Symbol für den demografischen Wandel – und den Lebensstil der Generation 60 plus.

Der Prozess der Alterung ist in vollem Gange, und das nicht nur in den USA oder Europa, sondern in allen Erdteilen. Zur Jahrtausendwende betrug der Anteil der über 60-Jährigen noch rund zehn Prozent der Weltbevölkerung, laut Daten der Vereinten Nationen (UN) wird die Quote bis 2050 auf fast 22 Prozent ansteigen. Das entspricht einem Wachstum der Zielgruppe 60 plus um 133 Prozent auf 2,1 Milliarden Menschen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts.

Langes Leben, wenige Kinder

Dahinter stehen zwei Trends: Die weltweite Lebenserwartung steigt stetig, und zwar laut UN-Prognose bis 2050 um weitere sieben auf 77 Jahre. Zudem bekommen Frauen im globalen Mittel immer weniger Nachwuchs: Ebenfalls bis 2050 soll sich die Anzahl an Kindern pro Frau von derzeit rund 2,5 auf zwei verringern. Beide Faktoren führen zu dem steigenden Anteil an Personen, die älter als 60 Jahre sind. "Es gibt keinen Gegenwind", sagt der Fondsmanager Vafa Ahmadi vom Vermögensverwalter Amundi. "Dieses Phänomen lässt sich nicht verhindern."

Er beschäftigt sich mit den Investmentchancen, die der Megatrend demografischer Wandel mit sich bringt – und ist überzeugt: Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, wachsen schneller. Bei diesen sind in den 20 Jahren bis 2017 die Umsätze jährlich um 7,1 Prozent gewachsen, jene aus dem globalen Aktienindex MSCI World jedoch nur um 5,7 Prozent. Dieser Trend sollte Amahdi zufolge auch künftig anhalten.

Gut gefüllte Geldbörsen

Zudem sind die Geldbörsen der Generation 60 plus in der Regel gut gefüllt. In den USA sind 65- bis 69-Jährige die wohlhabendste Altersgruppe mit einem Nettovermögen von fast 200.000 Dollar im Median, in Europa sieht die Verteilung ähnlich aus. Weltweit soll die jährliche Kaufkraft der über 60-Jährigen im nächsten Jahr 15 Milliarden Dollar erreichen.

Wie kann man also in Alterung investieren? Naheliegend ist der Bereich Gesundheitswesen. "Der Anteil der Ausgaben für das Gesundheitswesen am BIP steigt stetig", sagt Michael Sjöström vom auf Health-Care spezialisierten Fondsanbieter Sectoral Asset Management. Seit den 1980er-Jahren sei der Wert in Europa von fünf auf derzeit mehr als zehn Prozent geklettert, Tendenz steigend. Dabei blickt er auf die Therapie von Krebs, Alzheimer oder chronischen Krankheiten wie Diabetes. Das Wachstum im Gesundheitswesen wird sich laut Sjöström künftig wegen der steigenden Einkommen stärker nach Asien verlagern.

Viel Zeit zum Ausgeben

In Alterung zu investieren bedeutet für den Amundi-Experten Ahmadi aber mehr als Gesundheitswesen und den Pflegebereich. Zusätzlich hat er auch den Freizeitsektor im Auge – schließlich haben rüstige Rentner genug Freizeit, um ihr Geld auch auszugeben oder für nachfolgende Generationen anzulegen, weshalb Ahmadi auch Vermögensverwalter auf der Rechnung hat. Ebenfalls interessant: der Bereich Sicherheit mit Alarmanlagen oder Videoüberwachung, Mobilität für Senioren oder Pflegeprodukte für die ältere Zielgruppe.

Wie lange wird diese Entwicklung noch anhalten? "Ich würde nicht sagen, dass dieser Trend in 30 Jahren endet", sagt Ahmadi. Europa macht zwar seiner Bezeichnung als alter Kontinent alle Ehre – hier ist schon heute jeder vierte Mensch älter als 60 Jahre. Auch in den USA ist die Alterung der Bevölkerung schon weiter fortgeschritten, in den Schwellenländern rollt diese Entwicklung aber erst so richtig an – in Asien soll die Anzahl der über 60-Jährigen allein bis 2030 um zwei Drittel ansteigen. Daher ist Ahmadi überzeugt: "Der Trend wird noch viele Jahrzehnte andauern." (Alexander Hahn, 22.6.2019)