Der US-Präsident im Wahlkampfmodus.

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Nein, man kann Donald Trump gewiss nicht vorwerfen, dass er seine Anhänger vergisst. Jenen harten Kern vornehmlich weißer Amerikaner, deren diffuse Ängste er aufgreift, indem er von einem Land redet, das man bald nicht mehr wiedererkenne, wenn nicht einer wie er entschlossen den Kurs ändere. Trump lebt von der Furcht vor dem Unbekannten, dem demografischen Wandel, dem sozialen Abstieg.

Er zementiert die Abwehrhaltung. Spitzt zu, wo man eine komplexe Realität differenziert beschreiben müsste. Macht sich unterschwellige Ressentiments zunutze, statt Wogen zu glätten. Das alles hat 2016 seinen Wahlkampf geprägt. Dass es auch für 2020 sein Leitmotiv wird, steht außer Zweifel, seit er in Orlando den Startschuss für seine Wiederwahlkampagne gegeben hat.

Falsche Warnungen

Da war die Warnung vor einem Ansturm von Migranten aus Mittelamerika, die er pauschal als Kriminelle abkanzelt, obwohl jede Kriminalitätsstatistik zeigt, wie falsch dieses Bild ist. Da war die Warnung vor vaterlandslosen Demokraten, die das Land überschwemmen wollten mit illegalen Einwanderern. Da war schließlich die Warnung vor der Maschine alter Seilschaften, die ihn – und in seiner Diktion damit das Volk, das ihn gewählt hatte – mithilfe fieser Tricks aus dem Amt zu drängen versuchte.

Wenn der Sonderermittler Robert Mueller klären sollte, ob Russland die amerikanische Präsidentschaftswahl beeinflusste, dann ist es in Trumps Worten die größte Hexenjagd der Politikgeschichte. Wenn der Kongress dank der erstarkten Opposition seiner Kontrollfunktion wieder gerecht wird, tut der Chef der Exekutive so, als werfe ihm das Establishment permanent Knüppel zwischen die Beine. Und noch immer provoziert Trump lautstarke Sperrt-sie-ein-Sprechchöre, wenn er die "betrügerische Hillary" (Clinton) aufs Korn nimmt.

Düstere Visionen

Stellenweise klang es, als wolle er die Wahlschlacht des Jahres 2016 ein zweites Mal schlagen. Als wolle er die Uhrzeiger zurückdrehen, den Rückwärtsgang einlegen, statt zu erklären, was er programmatisch für eine zweite Amtszeit anbietet. Hinzu kommen düstere Visionen: In Trumps Skizze hat es eine gefährlich radikalisierte Demokratische Partei darauf abgesehen, das Land der Freien in Richtung Sozialismus zu treiben. Dagegen, wie ein Bollwerk, seine neue Parole: "Keep America Great!"

Nein, auch mit Blick auf 2020 wird der Präsident, der polarisiert wie keiner seiner Vorgänger, den Brückenbau über die Gräben der Vereinigten Staaten nicht in Angriff nehmen. Was erklärt, warum seine Zustimmungswerte gerade einmal bei 45 Prozent liegen, obwohl die Wirtschaft brummt und der Mann im Oval Office eigentlich durch ein Umfragehoch dafür belohnt werden müsste. Das "andere Amerika" hat Donald Trump bisher nicht erreicht. Er hat nicht einmal versucht, es anzusprechen. Daran, so viel ist spätestens seit Orlando klar, wird sich fürs Erste nichts ändern. (Frank Herrmann, 19.6.2019)