Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi hält die Einrichtung am Bürglkopf für menschenunwürdig.

Foto: Robert Newald

Innsbruck – Bürgermeister Georg Willi (Grüne) richtet einen emotionalen Appell an Innenminister Wolfgang Peschorn. Das Innsbrucker Stadtoberhaupt hat einen offenen Brief verfasst, der dem STANDARD vorliegt und in dem er die Schließung der "Rückkehrberatungseinrichtung" des Innenministeriums (BMI) am Bürglkopf in Fieberbrunn fordert. Dort befinden sich seit über zwei Wochen acht Bewohner in Hungerstreik, um gegen ihre Unterbringung in dem abgelegenen Lager auf 1250 Meter Seehöhe zu protestieren. Ihr Gesundheitszustand ist dementsprechend schlecht.

Willi bittet Peschorn daher um Gehör in dieser ihm "persönlich sehr wichtigen Angelegenheit". Die Bedingungen in der Einrichtung seien aus seiner Sicht "unmenschlich", davon zeuge auch die Dauer des Hungerstreiks. Vor allem für die dorthin verbrachten Kinder sei "ein solches Quartier absolut untragbar". Das Heim am Bürglkopf sei abgelegen, nur sehr schwer erreichbar und verfüge über unzureichende medizinische Versorgung.

Freie Quartiere in Innsbruck

"Österreich als Rechtsstaat, der Grund- und Menschenrechte postuliert, kann Rückkehrzentren wie jenes am Bürglkopf in keinster Weise gutheißen", schreibt Willi in dem Brief, der am morgigen Freitag im BMI einlangen wird. Er fordert, die Bewohner "umgehend in einer adäquaten, menschenwürdigen Einrichtung" unterzubringen. In Innsbruck selbst stünden genug freie Quartiere zur Verfügung, heißt es dazu auf Nachfrage aus Willis Büro – sogar das BMI selbst verfüge über Plätze zur Unterbringung von Asylwerbern in Innsbruck, die derzeit leerstehen.

Nachdem das Rückkehrzentrum am Bürglkopf seit November 2017 vom Bund betrieben wird, liegt die Entscheidung über eine mögliche Schließung und Verlegung der Bewohner beim Innenminister. Aus dessen Büro gab es seit Beginn des Hungerstreiks keinen Kommentar zur Forderung einer Verlegung der Asylwerber. Allein, dass der Protest keinerlei Auswirkung auf die Asylverfahren der Betroffenen habe, die allesamt negativ beschieden worden sind.

Bewohner kritisieren "haftähnliche Bedingungen"

Weil die Betroffenen aber nicht abgeschoben werden konnten, etwa aufgrund fehlender Papiere oder unklarer Staatszugehörigkeit, wurden sie vom BMI am Bürglkopf untergebracht. Dort will man sie zur freiwilligen Ausreise bewegen, was die Betroffenen als ungerecht empfinden. Die Hungerstreikenden sprechen von "haftähnlichen Bedingungen", die dazu dienen sollen, sie "zu zermürben". Tatsächlich zeigen die Zahlen, dass bisher nur sehr wenige zur Ausreise überredet werden konnten.

Viele der Betroffenen leben seit Monaten am Bürglkopf. Sie dürfen den Bezirk nicht verlassen und erhalten keine Grundversorgung mehr. Die ausweglose Situation setze ihnen zu, berichten sie, weshalb ein Großteil an psychischen Erkrankungen leide. Das führe wiederum regelmäßig zu Konflikten, was die Situation im Lager zusätzlich verschärfe und vor allem den Kindern zu schaffen mache, die dem täglich ausgeliefert seien.

Harsche Kritik von Amnesty International

Auch die Grünen, die SPÖ sowie die Neos und die Innsbrucker Gemeinderatsfraktion Ali fordern eine Schließung des Rückkehrzentrums am Bürglkopf. Harsche Kritik an der Einrichtung kommt zudem von Heinz Patzelt, dem Generalsekretär von Amnesty International in Österreich. Er bezeichnet die Verbringung der Menschen in das abgelegene Heim als "bösartige Behördenwillkür". Die Unterbringung am Bürglkopf sei inhuman, menschenrechtswidrig und nicht notwendig. Wie auch Neos-Abgeordnete Stephanie Kripser verweist Patzelt auf die Vielzahl leerstehender Flüchtlingsunterkünfte in Österreich, die besser geeignet wären. (Steffen Arora, 20.6.2019)