Rom/Brüssel – Die italienische Regierung hat einen Brief mit ihrer Antwort an die EU-Kommission gesendet, die den EU-Staaten die Einleitung eines Verfahrens gegen Italien wegen des überhöhten Budgetdefizits empfohlen hat. Der Brief wurde laut Regierungsangaben an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk sowie an die EU-Mitgliedstaaten gesendet.

In dem Schreiben, über dessen Inhalt der italienische Ministerrat bei einer Sitzung am Mittwochabend beraten hatte, erklärte sich die italienische Regierung zum Dialog mit der EU-Kommission über Strategien zur Defiziteindämmung bereit. Sie forderte zugleich eine Änderung der EU-Regeln. Es sei wichtig, dass die EU ihr "Entwicklungs- und Wachstumsmodell" überdenke. Dieses Modell sei nicht in der Lage Antworten auf die Herausforderung "verarmter Gesellschaften" zu finden, in denen Misstrauen und Enttäuschung wachse.

"Ich denke, es ist unsere Pflicht, eine konstituierende Phase einzuleiten, um die Regierungsregeln unserer Gesellschaften und Wirtschaftssysteme neu zu schreiben", so Conte in seinem Brief.

Zum Dialog bereit

Als EU-Gründungsmitglied empfinde Italien die "volle Verantwortung", einen "offenen und konstruktiven Dialog mit der EU-Kommission" zu führen. Diese Dialogbereitschaft habe Italien bereits im Dezember 2018 bewiesen, als "intensive Verhandlungen" der italienischen Regierung ermöglicht hatten, die "Einzelheiten des Etatentwurfs" zu erklären.

"Bevor die EU gezwungen sein wird, sich mit weiteren globalen Finanzkrisen auseinanderzusetzen, ist es wichtig, tiefgründig darüber nachzudenken, wie man eine reale Balance zwischen Stabilität und Wachstum erreichen kann", schrieb der italienische Premier. Im Namen der Finanzstabilität dürfe man nicht den sozialen Zusammenhalt in Europa opfern. Die "Glaubwürdigkeit des europäischen Projekts" stehe auf dem Spiel, warnte Conte.

Die EU-Kommission hat das Schreiben erhalten. "Das Schreiben wird jetzt geprüft", sagte ein Sprecher der EU-Kommission nach Angaben italienischer Medien.

Vorwürfe von Salvini

Für politischen Zündstoff sorgte der italienische Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini. "Die EU-Regeln sind ausgehandelt worden, um jemanden in Berlin und Paris zu begünstigen und die anderen zu benachteiligen", so Salvini auf Facebook. Er zeigte sich überzeugt, dass Italien Grünes Licht aus Brüssel für eine Senkung des Steuerdrucks erhalten werde, wie es die Regierung anstrebt. Nur mit einem "positiven Steuerschock" könne Italiens Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs gelangen, so Salvini. (APA, 20.6.2019)