Dollar gegen Euro: Das ist Brutalität.

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Wien – Bald jährt sich der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers zum elften Mal. Spätestens zu diesem Zeitpunkt gingen die internationalen Notenbanken in den Krisenmodus über. Nun zeigt sich immer deutlicher: Trotz der zwischenzeitig erfolgten Konjunkturbelebung kommen die Währungshüter aus ihrer Interventionspolitik nicht heraus. Insbesondere die Europäische Zentralbank zeigt sich entschlossen, ihr Waffenarsenal zu vergrößern.

Das machte EZB-Chef Mario Draghi schon am Dienstag klar: Sollten sich der Ausblick für die Konjunktur nicht verbessern und die Inflation im Euroraum nicht anziehen, seien "zusätzliche Stimuli" erforderlich, erklärte er. Zinssenkungen und eine Neuauflage des mittlerweile beendeten Programms zum Ankauf von Anleihen gehörten zu den möglichen Instrumentarien.

Niedrigere Inflationserwartungen

Unmittelbarer Anlass dürften gesenkte Inflationserwartungen und schwächere Konjunkturaussichten sein. Mittlerweile deutet sich auch in den USA bei den Zinsen eine Wende nach unten an. Das schließen Beobachter zumindest aus den Äußerungen der Notenbank Fed, die Mittwochabend die Zinsen unverändert in einer Spanne von 2,25 bis 2,50 Prozent. Doch gleichzeitig wurde eine Bereitschaft signalisiert, die geldpolitischen Zügel zu lockern. Experten sehen schon im Juli eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Zinsen wieder sinken.

Negativzins in Österreich

Die Märkte nehmen diese Entwicklung schon vorweg und stellen sich auf noch niedrigere Zinsen ein. So glitt die Rendite österreichischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit diese Woche erstmals in das negative Terrain. Italienische Anleihen rentieren mit zwei Prozent so niedrig wie seit einem Jahr nicht. Und auch die Verzinsung von US-Staatsanleihen sank deutlich – erstmals seit 2016 unter die Marke von zwei Prozent.

Die Rendite österreichischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist erstmals in den Minusbereich abgerutscht.

Zudem mehren sich die Anzeichen, dass die transatlantischen Spannungen wieder steigen könnten, da nun auch die Währungspolitik zu Auseinandersetzungen führt. Nach Draghis Äußerungen gab der Euro zum Dollar deutlich nach, was prompt US-Präsident Donald Trump erregte. Er kritisierte, die Schwächung der Gemeinschaftswährung sei unfair gegenüber den Vereinigten Staaten. Die Eurozone, China und andere Länder würden damit davonkommen, beklagte er. Davor hatte er die Fed schon aufgefordert, im Handelsstreit mit China die Währung als Waffe einzusetzen. Dann hieße es für Peking: "Game over", hatte der Präsident gemeint.

Das Tief der europäischen Gemeinschaftswährung hielt freilich nicht lange an, nach den Fed-Äußerungen am Mittwoch stieg der Euro wieder auf 1,1286 Dollar. Peter Chatwell, Zinsexperte bei der Bank Mizuho, sieht in der angedeuteten Wende der US-Geldpolitik bereits den Beginn eines weltweiten Währungskriegs.

Trump setzt Powell unter Druck

Auch auf die Fed übt Trump Druck aus, weil das Zinsniveau in den USA aus seiner Sicht viel zu hoch ist. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg hat der Präsident bereits ein Gutachten eingeholt, laut dem er zur Degradierung von Fed-Chef Jerome Powell zum einfachen Direktor befugt sei. Dieser hatte sich bisher den Wünschen aus dem Weißen Haus nach niedrigeren Zinsen verwehrt. Powell stellte klar, dass er sich nicht aus dem Amt drängen lassen werde. (as, 20.6.2019)