Zu viel Druck erzeugt Explosionen. Donald Trump erhöht derzeit den Druck auf Teheran.

Maximum pressure. Das ist die außenpolitische Strategie, die Donald Trump seit seinem Amtsantritt am liebsten anwendet. Der US-Präsident setzt seine Gegner – ob die nun in Nordkorea, China, Mexiko, Kanada, Europa oder eben am Persischen Golf sitzen – mit allen verfügbaren Mitteln unter Druck. Was am New Yorker Immobilienmarkt effektiv war, so scheint die dahinterstehende Überlegung im Weißen Haus zu sein, muss auch in der Weltpolitik klappen. Dicke Hose rules.

Ist dem tatsächlich so? So wie es sich derzeit darstellt, eher nicht. Denn die US-Regierung erreicht ihre strategischen Ziele – so sie welche hat – nicht nur nicht, sie gefährdet durch ihr permanentes Säbelrasseln zunehmend auch den Weltfrieden. Insbesondere am Persischen Golf, wo es nun beinahe täglich zu Zwischenfällen kommt, die ein Zündfunken für das Pulverfass sein könnten, das diese Region ohnehin schon seit Jahrzehnten darstellt.

Wie in Sachen Nordkorea sollte sich niemand Illusionen über die Natur des Regimes im Iran machen. Dort werden Menschen unterdrückt, Teheran gilt als ideeller und finanzieller Sponsor diverser Terrororganisationen und hegt regionale Machtansprüche. Die zentrale Frage ist, wie damit – vernünftig – umzugehen ist.

Maximaler Druck

In Nordkorea hat sich Trump nach seinem Maximaler-Druck-Ansatz (2017 sprach er von einem Bombardement des "kleinen Raketenmannes" in Pjöngjang) dazu entschlossen, eine große Friedensshow abzuziehen. Sie sollte symbolisieren, dass sich eine harte Haltung auszahlt. Nach dem Austausch von Freundlichkeiten ist bisher substanziell allerdings wenig weitergegangen: Die komplette Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel ist eine politische Fantasie, an die nicht einmal Trump ernsthaft glaubt.

Beim Iran hat der US-Präsident den umgekehrten Weg gewählt: Er hat einen bestehenden Atomdeal aufgekündigt, der Kontrollen durch die internationale Gemeinschaft im Iran möglich machte (so wie das Trump gerne mit Nordkorea hätte). Nun reichert Teheran wieder im großen Stil Uran an, und das Konfliktpotenzial steigt von Tag zu Tag, weil die Situation aus den geordneten Bahnen des Deals ausbricht. Auch wenn beide Seiten betonen, dass sie keinen Krieg wollen, ist die Gefahr, in einen solchen hineinzugeraten, so realistisch wie schon länger nicht mehr.

Was das bedeuten würde, muss auch jemandem mit einer ausgeprägten Abneigung gegen Briefings und Zusammenhänge wie dem US-Präsidenten klar sein: Der Iran und seine Verbündeten im Jemen, in Syrien, im Irak und anderswo würden mit allen Mitteln zurückschlagen. Israel wäre in höchstem Maße gefährdet. Die Straße von Hormus würde für den Energietransportverkehr aus der Region nach China oder Europa womöglich unpassierbar. Die Öl- und Gaspreise gingen durch die Decke. Eine (Welt-)Wirtschaftskrise wäre unvermeidlich. Teheran wäre dann vom Streben nach Atomwaffen kaum noch abzubringen, in der gesamten Region käme es zu einem nuklearen Wettrüsten.

Niemanden in Washington können solche Perspektiven kaltlassen, auch Trump nicht. Nicht zuletzt im Pentagon war schon immer klar, dass weniger Druck manchmal mehr bewirkt. Ob diese Einsicht über den Potomac zu Mike Pompeo ins State Department und ins Weiße Haus durchdringt, ist nicht ausgemacht. Fest steht nur: Zu viel Druck erzeugt Explosionen. (Christoph Prantner, 20.6.2019)