Die Aussicht auf fallende Zinsen verleiht dem Goldpreis Rückenwind.

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Die jahrelange Flaute des Goldpreises gehört offenbar der Vergangenheit an. Erstmals seit April 2013 hat das Edelmetall die Marke von 1400 US-Dollar je Feinunze (rund 31,1 Gramm) übersprungen. Angetrieben durch die geopolitischen Spannungen rund um den Iran und die Ankündigungen von Notenbanken bezüglich einer expansiveren Geldpolitik erreichte der Kurs in der Spitze 1411 Dollar, bevor Verkäufe den Preis wieder etwas nach unten drückten. Das war der höchste Stand seit September 2013, also seit nunmehr fast sechs Jahren. Auch der Ölpreis legte zu, ein Fass des Nordseeöls Brent kostete 65,20 Dollar.

Etliche Experten sehen darin aber erst den Auftakt zu weiteren Kursgewinnen bei dem Edelmetall. Kurzfristig sollte der Konflikt zwischen den USA und dem Iran die Notierung weiter unterstützen, insbesondere bei einer weiteren Verschärfung. Gold gilt bei geopolitischen Spannungen als sicherer Hafen, den Investoren gerne ansteuern.

Auf längere Sicht dürfte aber die sich abzeichnende Wende in der Geldpolitik der großen Notenbanken dem Edelmetall Flügel verleihen. "Angesichts des jüngsten Schwenks der Notenbanken erwarten wir in den nächsten Jahren weiter steigendes Interesse an Gold", sagte Wayne Gordon von der Vermögensverwaltung der Schweizer UBS Bank. Seine Überlegung: Zinssenkungen der US-Notenbank Fed würden die kurzfristigen Realzinsen, also abzüglich Inflation, ins negative Terrain treiben. "Somit kann Gold in diesem Umfeld gut performen", erklärt Gordon gegenüber Bloomberg. "Das einzige Risiko für Gold in den nächsten drei Monaten ist, dass die Fed im Juli nicht liefert."

US-Zinssenkung in Aussicht

Am Mittwoch hat die Fed eine Zinssenkung in den nächsten Monaten angedeutet, falls sich der Wirtschaftsausblick verschlechtert. Derzeit liegt der US-Leitzins bei 2,25 bis 2,50 Prozent – und liegt damit derzeit sogar über der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen. Im vergangenen halben Jahr hatten Konjunktursorgen die Rendite von 3,2 auf derzeit rund zwei Prozent gedrückt. Der Dollar neigte zuletzt zur Schwäche gegenüber anderen Währungen, üblicherweise ein positives Umfeld für Gold. Bereits am Dienstag hatte auch EZB-Chef Mario Draghi mit einer Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone geliebäugelt. Da Gold keine Zinsen abwirft, gilt ein Niedrigzinsumfeld als günstig für das Edelmetall.

Auch durch andere Notenbanken erfährt der Goldpreis Auftrieb, allen voran durch die chinesische. Diese hatte im Mai den sechsten Monat in Folge die Goldreserven aufgestockt. Andere Länder wie Russland griffen ebenfalls bei dem Edelmetall zu, sodass deren gemeinsame Goldkäufe laut dem World Gold Council, Branchenverband der Goldbergbauindustrie, im ersten Quartal 2019 den höchsten Stand seit sechs Jahren markierten.

Sprunghaft ist des Weiteren zuletzt auch die Investmentnachfrage angestiegen. Nach vier aufeinanderfolgenden Monaten mit Mittelabflüssen aus Goldfonds hat sich der Trend im Juni wieder umgekehrt.

Das aktuelle Goldfieber ist für die Rohstoffanalysten der Citigroup auch durchaus gerechtfertigt. Die Kombination aus lockerer Geldpolitik, einem schwächeren Dollar, zunehmenden geopolitischen Risiken und einem gipfelnden US-Wachstum speist aus ihrer Sicht den Optimismus für das Edelmetall. Zunächst halten sie einen weiteren Anstieg des Goldpreises auf rund 1500 Dollar für "angemessen" (Alexander Hahn, 21.6.2019)