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Angst haben bedeutet: Wenn sich etwas ändert, dann wird Verschlechterung erwartet.

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Sie wissen, was sie wollen, und sie sind gut ausgebildet. Trotzdem haben die derzeitigen Berufseinsteiger Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt, legt eine aktuelle Kurzstudie nahe. Woran liegt das?

Beate Großegger ist wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Jugendkulturforschung und hat sich für eine Kurzstudie die Gründe dafür angesehen. Grundlage dafür sind mehrere eigens durchgeführte qualitative Studien.

Einerseits sieht Großegger die Ursache darin, dass die angehenden Erwerbstätigen, gemessen an ihren Bildungsabschlüssen, die bisher am besten ausgebildete Generation darstellen. Die Zunahme der höheren Abschlüsse führt gleichzeitig zu deren Abwertung. Und das bedeutet auf dem Arbeitsmarkt, dass ein "akademischer Abschluss längst keine Garantie für einen sicheren und halbwegs gut bezahlten Vollerwerbsarbeitsplatz mehr" ist.

Andererseits sei auch eine Orientierungslosigkeit der Jungen für die Schwierigkeiten verantwortlich, verstärkt durch überzogene Erwartungen und wenig Wissen über die Arbeitswelt, schreibt Großegger. Vor allem Jungakademiker hätten stärkere Selbstverwirklichungs- und Autonomieansprüche – eine so genannte "Wir sind auf der Suche" -Mentalität – als Lehrlinge.

Hohe Erwartungen

Sie wollen einen Beruf, der zu ihnen passt, daher fokussieren sie sich bei der Jobsuche, schreibt Großegger, nicht so sehr auf die Anforderungen, die die Arbeitswelt an sie stellt, sondern sie stellen umgekehrt hohe Erwartungen an ihre Arbeitgeber – auch weil sie scheinbar wissen, dass passende Mitarbeiter aus Unternehmersicht zur Mangelware geworden sind.

So fordern die Berufseinsteiger flexible Arbeitszeiten, einen kommunikativen Führungsstil mit flachen Hierarchien und innovative Anreizsysteme. Auch Jobsicherheit, gute Bezahlung und Arbeitsklima sind ihnen wichtig. Die Forderungen führen wiederum zu Irritationen bei den Arbeitgebern, betont Großegger. Und schließlich, in Bezug auf die Bewerbern: "Nicht selten kommt für sie das große Erwachen, wenn sie nämlich feststellen, dass Wunsch und Wirklichkeit in der Erwerbsrealität nicht immer optimal zusammengehen."

Das liege auch an der optimierten Selbstperformance der Jungen. "Jungen Menschen wird in Berufsorientierungskursen häufig nahegelegt, in Bewerbungssituationen selbstbewusst aufzutreten und durchaus offensiv Motivation und Interesse am zu vergebenden Job zum Ausdruck zu bringen", schreibt Großegger. Auch persönliche Schwächen würden so "geschickt" versteckt werden.

Generationenthemen

Natürlich lernt man gewisse Dinge erst im Job, kann im Learning-by-Doing-Prozess Schwächen mindern. Den heutigen Berufseinsteigern fehle es aber nicht an fachlichen Skills, sondern an effektiver Arbeitsorganisation, aufgabenorientiertem Selbstmanagement oder Teamfähigkeit, schreibt die Jugendexpertin. Bei Letzterem könnten sich die Berufseinsteiger zwar gut in Teams mit Gleichaltrigen einfügen, aber mit dem Kommunikationsstil und der Arbeitsauffassung älterer Kollegen und ihren Vorgesetzten "tun sie sich oft eher schwer".

Ebenfalls sei es für die Mittzwanziger häufig schwierig, Prioritäten zu setzen und Verantwortung zu übernehmen. Zudem lasse sich beobachten, "dass junge Menschen, die in der Schule und an der Uni hohen Erfolgsdruck erleben, oft panische Angst haben, Fehler zu machen". Das führe dazu, dass sie diese nicht nutzten, um Lernerfahrungen zu machen.

Was die Arbeitsmentalität angeht, sind die Berufseinsteiger überzeugt, dass man ehrgeizig sein und eine gewisse Erfahrung und Stabilität im Leben haben müsse, um erfolgreich zu sein. "Wer richtig Karriere machen will, muss darüber hinaus selbstbewusst sein und an sich glauben, Durchhaltevermögen haben und bereit sein, das Privatleben zurückzustellen." Auch müsse man körperlich und geistig fit sein.

Wenige Karrieristen

Hoch hinaus wollen aber nur wenige. Dafür gebe es mehrere Gründe: Erstens erachten die Jungen ihre Work-Life-Balance als "enorm wichtig". Zweitens beobachten sie die Burnout-Problematik der Elterngeneration und wollen das nicht selbst erfahren. Drittens seien sie überzeugt, dass Karrieremachen und sozialer Aufstieg heute "nicht mehr so ohne weiteres möglich" sind. Und viertens werde der Wettbewerb um die guten Jobs härter. Auch wer motiviert sei und zurückstecken könne, sehe "die Top-Jobs meist außer Reichweite".

Das sind vielleicht auch Gründe, wieso die Jungen illoyaler sind: Sobald sich eine Gelegenheit bietet, wechseln sie den Job. (22.6.2019, set)