50 bis hundert Patienten erkranken in Österreich jährlich an einer Fleischallergie.

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Dass Borreliose und FSME die Folgen eines Zeckenstichs sein können, ist weitgehend bekannt. Was Mitarbeiter der Med-Uni Innsbruck, der Veterinärmedizinischen Universität Wien und von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) kürzlich berichteten, ist allerdings ungewöhnlich.

Sie publizierten in der Wiener Klinischen Wochenschrift ein Fallbeispiel, bei dem ein 51-jähriger Patienten nach einem Zeckenstich eine Fleischallergie entwickelte. Der Betroffene hatte schwere Symptome.

Bei dem Krankheitsbild handelt es sich um eine überschießende immunologische Reaktion auf den Zucker Galactose-alpha-1,3-Galactose. Seit rund zehn Jahren ist bekannt, dass nicht nur Proteinbestandteile Allergien auslösen können, sondern auch Zuckeranteile. Zecken, scheiden in ihrem Verdauungstrakt das Oligosaccharid Galactose-alpha-1,3-Galactose, kurz alpha-gal, aus. Das kann offenbar eine Sensibilisierung hervorrufen.

Schock nach Steak

Bei einer erworbenen Fleischallergie kann es zu einer anaphylaktischen Reaktion auf alpha-gal nach dem Konsum von rotem Fleisch – Rind, Schwein oder Lamm –, nicht aber nach dem Essen von Geflügel oder Fisch kommen.

Der präsentierte Fall von erworbener Fleischallergie begann mit einem Zeckenstich. Wie auch in anderen derartigen Fällen entzündete sich die Stelle des Stichs besonders ausgeprägt. "Diese starke Rötung bestand über mehrere Wochen. Das ist äußerst ungewöhnlich, normalerweise kommt es nicht zu einer starken lokalen Inflammation", erläutert Franz Allerberger (AGES). Drei Monate später kam es zu einer schweren allergischen Reaktion. "Der Patient aß abends ein Steak, medium-rare. Mitten in der Nacht trat ein Nesselausschlag auf und der Patient litt unter Atemnot – eine klassische anaphylaktische Reaktion".

Ein Jahr nach dem ursprünglichen Zeckenstich wurde der Mann wieder von einer Zecke gestochen mit ähnlicher Hautreaktion. Es folgten fünf schwere allergische Reaktionen mit Nesselausschlag am ganzen Körper, geschwollenen Händen, Blutdruckabfall, Durchfall, Erbrechen und in manchen Fällen sogar Atemnot. Die Symptome traten jedes Mal in der Nacht auf, mehrere Stunden nachdem der Mann Rindfleisch gegessen hatte, klangen aber ohne medizinische Intervention ab.

Auf eigenen Wunsch

Erst nach einer weiteren derartigen Reaktion auf Schweinefleisch, bei der eine Behandlung mit Kortison und intravenöser Antihistamingabe notwendig war, wurde der Betroffene auf eigenen Wunsch auf diese Lebensmittelallergie getestet. Es zeigten sich stark erhöhte Antikörperwerte (IgE- und IgG-Antikörper gegen alpha-gal aus Rind- und Schweinefleisch).

Bei Diagnose ist die Behandlung einer erworbenen Fleischallergie nicht anders als bei anderen Allergien. Gegen anaphylaktische Reaktionen gibt es Adrenalin-Autoinjektioren (Epinephrin). Es wird geraten, rotes Fleisch zu meiden. Milch, Gummibärchen und Gelatin-haltige Medikamente können ebenfalls ein Risiko darstellen. Allerberger schätzt die Häufigkeit von erworbenen Fleischallergien auf 50 bis hundert Patienten pro Jahr. Die Häufigkeit eines Zeckenstichs als Auslöser ist nach der Beschreibung eines ersten möglichen Falles naturgemäß noch unbekannt. (APA, 22.6.2019)