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De Ligt ist begehrt.

Foto: Reuters/Matthew Childs/File Photo

In Neusiedl/See müsste man jetzt sein. Im Burgenland könnte man bei herrlichem Badewetter die Sonne genießen und ein wahres Unikum beobachten: Der dortige drittklassige Regionalligist dürfte gefühlt nämlich der einzige Verein weltweit sein, mit dem Ajax-Talent Matthijs de Ligt in diesem Transfersommer noch nicht in Verbindung gebracht wurde.

Seit Samstag soll nun laut "Sky Sport Italia" und der niederländischen Zeitung "De Telegraaf" Juventus Turin in der Pole Position um den Oranje-Nationalspieler stehen. Unter anderem Cristiano Ronaldo soll ihn überzeugt haben.

Gespräch nach dem Nations-League-Finale.

Gezerre seit Jänner

Es wäre die 1781. Kehrtwende im Transferpoker – und eine Erlösung. Denn die wöchentlichen Gerüchte und Exklusivmeldungen ermüden. Zu Jahresbeginn hieß es monatelang, der Kapitän des "Amsterdamsche Football Club" würde Kumpel Frenkie de Jong nach Barcelona folgen. Die dortige Philosophie passe zu ihm. Mitte Mai galt plötzlich Manchester United als Favorit. Hier sollte um den Niederländer ein neues Erfolgsteam geformt werden. Danach standen die Zeichen lange auf Paris St. Germain. Das Geld vom Scheichklub ist immer ein Argument. Und die Franzosen sollen auch noch lange nicht aufgegeben haben, wollen ihr Angebot nachbessern.

Das Gezerre um De Ligt ist sportlich verständlich. Der 19-Jährige gehört zu den größten Innenverteidiger-Talenten der Welt. Wer ihn verpflichtet, dürfte für ein paar Jahre auf der Position ausgesorgt haben. Mit Ajax räumte er dieses Jahr das Double aus Meisterschaft und Cup ab, in der Champions League war sensationell erst im Semifinale Endstation. Ende Dezember erhielt er von Sportjournalisten als erster Defensivmann den "Golden Boy Award", der den besten U21-Spieler auszeichnet. 70 Millionen Euro Ablöse stehen im Raum. Der Mann hat also zweifelsohne seinen Wert. Auch für Medien.

Der aktuelle Stand laut Sky-Reporter Fabrizio Romano.

Normales Hickhack

Denn wer den Transfermarkt ein paar Jahre verfolgt, weiß: Jede Geste und jeder Ansatz wird international gerne in ein – mehr oder weniger abgesichertes – Gerücht verwandelt. Der Kampf um Exklusivmeldungen tut sein Übriges. Bei einem Supertalent wie De Ligt potenziert sich das in den schieren Wahnsinn. Zumal er mit Mino Raiola auch einen Berater hat, der für solche Spielchen bekannt ist. Immerhin gilt es, den Preis in die Höhe zu treiben. Erst letzte Woche hat der Weltverband Fifa eine – aus unbekannten Gründen vor gut einem Monat verhängte – weltweite Sperre gegen Raiola aufgehoben. Dass der Berater von Zlatan Ibrahimovic und Paul Pogba Kontakte in sein Heimatland Italien pflegt, ist kein Geheimnis.

Aber was sagt eigentlich der Hauptdarsteller selbst? Kaum etwas. De Ligt hält sich meist bedeckt. Mitte Juni sagte er nach dem Nations-League-Finale, dass er sich noch nicht entschieden habe. "Ich weiß es nicht. Jetzt gehe ich in den Urlaub und werde mich erholen. Und dann werde ich sehen."

Und genau in diesem Urlaub ist er momentan, wie Bilder auf Instagram naheliegen. Er genießt Sonne und Wasser auf den Bahamas. Fußballfans erwarten eine endgültige Vollzugsmeldung hoffentlich genauso entspannt. Spätestens Anfang September, am Ende der Transferfrist, ist der Spuk zu Ende. Bis dahin dürften noch mehrere Klubs im Rennen sein. Sky nennt PSG, Juve und Barcelona. Aber fix ist eben noch nix. Außer dass de Ligt am Ende nur bei einem Verein landen kann und manch anderer Interessent leer ausgehen wird – eben genauso wie Neusiedl/See.

Wobei…Moment einmal. Ajax hat im Sommer 2017 ein Testspiel gegen Werder Bremen absolviert. Florian Kainz traf zum 2:1 für die Deutschen. Der Österreicher hat zuvor für Rapid Wien gespielt. Und die Hütteldorfer haben mit Kainz in der Startelf am 9. Jänner 2016 ein Testspiel gegen wen gemacht? Sie werden es nicht glauben – gegen Neusiedl/See. Wenn das mal nicht eine heiße Spur ist und da nicht schon über mehrere Kontakte Vorverhandlungen stattgefunden haben. Vielleicht ist Neusiedl/See doch nicht so hoffnungslos im Rennen um de Ligt. (ag, 22.6.2019)