Das Regieduo Vegard Vinge und Ida Müller inszeniert in Berlin etwa an der Volksbühne und hat sich einen Ruf als Theaterirre mit Hang zum aberwitzigen Gesamtkunstwerk eingehandelt, bei dem schon mal ein Loch in eine Wand geschlagen werden muss, damit das Publikum den Weg zur Bühne findet. Oder wo die Sitzplätze vor Vorstellungsbeginn live verlost werden. Man sollte auf einen guten hoffen, denn die Stücke von Vinge/Müller dauern mitunter zwölf Stunden. Aber vielleicht sitzt man lieber nicht zu weit vorne, sollte sich doch wieder einer der Darsteller in den Mund urinieren.

Kommende Spielzeit beehren die beiden das Wiener Schauspielhaus, soweit die spektakulärste Meldung bei der Vorstellung des Programms der kommenden Spielzeit.

Reichlich Erfolge

Auch mit einem neuen Stück von Thomas Köck und der Dramatisierung von Édouard Louis' Roman "Im Herzen der Gewalt" über eine erlebte Vergewaltigung und Rassismus will man ästhetisch und politisch wieder einmal ganz vorn mit dabei sein. Stichwort reichlich Festivaleinladungen etwa zu den Autorentheatertagen Berlin oder dem Festival Radikal jung in München.

Neben den genannten Produktionen stehen noch vier weitere Uraufführungen an: "Angstbeißer" von Wilke Weermann (Regie: Anna Marboe), "Tragödienbastard" von Ewelina Benbenek (Regie: Florian Fischer) sowie "Rand" von Miroslova Svolnikova (Regie: Schauspielhaus-Direktor Tomas Schweigen). Im Nachbarhaus steht "Das Optimum" von Mario Wurmitzer am Programm. Wiederaufnahmen ergänzen den Spielplan.

Finanzierung wird enger

Den wird nach dem Abgang von Steffen Link und Vassilissa Reznikoff ein zum Teil neues Ensemble bestreiten. Clara Liepsch und Til Schindler kommen neu ans Haus, dessen Auslastung in dieser Saison auf 85 Prozent gestiegen ist. "Auch unsere Zahlen lassen sich sehen", hieß es dazu. Gemeint sind damit knapp 21.000 Zuschauer – mehr als die Hälfte davon unter 30 Jahren. Der durchschnittliche Zuschauer verjüngte sich von 36 auf 33 Jahre. Die Nettoerlöse hingegen stiegen.

Dem sich aufgrund steigender Betriebskosten (plus 16.000 Euro jährlich) und fehlender Valorisierung trotzdem straffenden Budget hält man mit Umstrukturierungsmaßnahmen entgegen. Aktuell beträgt das Budget aus Subventionen 1,89 Millionen Euro. Eine 20.000 Euro schwere Subventionskürzung des Bundes (es gibt nun 380.000 statt 400.000 Euro) wird kommende Spielzeit mit einer Kartenpreiserhöhung um zehn Prozent ausgeglichen.

Für 2021 erwartet das Haus aber wirklich Probleme mit der Erfüllung des künstlerischen Auftrags seitens der Stadt Wien. Dann könne das aktuelle Produktionsniveau nicht mehr gehalten werden. "Da geht es nicht um noch billigere Bühnenbilder", sondern es bräuchte strukturelle Einschnitte etwa bei der Nachwuchsförderung. (wurm, 24.6.2019)