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"Ausländische Familienmitglieder sollen in ihre Heimat zurückgeholt werden, wenn ihnen nicht wegen Verbrechen ein Prozess nach internationalen Standards gemacht wird", fordert Michelle Bachelet, UN-Hochkommissarin für Menschenrechte.

Foto: REUTERS/Carlos Jasso

Genf – Die Vereinten Nationen drängen Länder wie Österreich und Deutschland, Kinder und Frauen ausländischer IS-Kämpfer aus dem Irak und Syrien in ihre Heimatländer zu holen. "Staaten haben wichtige Pflichten gegenüber ihren Bürgern", sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, am Montag zum Auftakt der dreiwöchigen Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf.

"Ausländische Familienmitglieder sollen in ihre Heimat zurückgeholt werden, wenn ihnen nicht wegen Verbrechen ein Prozess nach internationalen Standards gemacht wird." Sie lebten unter unmenschlichen Bedingungen in Lagern, sagte Bachelet. Minderjährige, die von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ideologisch beeinflusst worden seien, müssten beschützt und psychologisch betreut werden.

Nach Schätzungen der deutschen Bundesregierung und Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen sich einige Dutzend IS-Kämpfer mit deutscher Staatsangehörigkeit in Syrien aufhalten. Hinzu dürften mehr als 100 Kinder kommen. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte im Mai betont, es müsse vor Rückführungen geprüft werden, ob es sich auch wirklich um Deutsche handle.

Auch Österreicher betroffen

Derzeit dürften sich zudem etwa 20 Kinder mit Österreich-Bezug in Verbindung mit dem IS in Syrien oder dem Irak befinden, gab die damalige Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) im Mai auf eine parlamentarische Anfrage der Neos bekannt. Die Anzahl der Erwachsenen aus Österreich lag demnach ebenfalls bei etwa 20 Personen. Verurteilungen österreichischer Staatsbürger wegen einer IS-Mitgliedschaft in anderen Ländern waren dem Außenministerium keine bekannt.

Bachelet sprach von insgesamt 55.000 festgenommenen IS-Kämpfern und ihren Angehörigen. Die Mehrheit seien Syrer und Iraker. Mehr als 11.000 seien wohl Frauen und Kinder von ausländischen IS-Kämpfern. Australien, Frankreich, die Niederlande und andere Länder haben bereits Familienmitglieder aus Syrien zurückgeholt.

Fairer Prozess verlangt

Was die festgenommenen Kämpfer selbst angeht, verlangte Bachelet nicht unbedingt deren Rückführung. Allerdings müssten die Länder dafür sorgen, dass ihren Bürger ein fairer Prozess nach internationalen Standards gemacht werde. "Wenn keine Gerechtigkeit waltet, wenn die Prozesse mangelhaft sind – etwa durch unrechtmäßige und inhumane Haft oder Todesstrafen – spielt (es) nur denen in die Hände, die Missstände beklagen und Vergeltung fordern", sagte Bachelet.

Mit Sorge betrachte sie einen Trend, Menschen zu bestrafen, die Migranten helfen, sagte Bachelet. Mehrere Länder wollten Hilfsorganisationen bestrafen, die Flüchtlinge aus dem Meer retten. Nach Angaben der Organisation "Open Democracy" seien in Europa mehr als 100 Menschen festgenommen oder angeklagt worden, weil sie Migranten Essen oder Obdach gaben oder einer schwangeren Frau zum Krankenhaus halfen. "Solche Maßnahmen bestrafen Mitgefühl und verletzten damit alte und kostbare Werte, die wir alle gemein haben", sagte Bachelet. "Die, die helfen, sollten respektiert und nicht verfolgt werden." Bachelet war gerade aus Venezuela zurückgekehrt. Zur Lage in dem krisengeschüttelten Land werde sich am 5. Juli äußern, sagte sie. (APA, 24.6.2019)