In Wien beklagten Taxler erst im Mai wieder die unfairen Wettbewerbsbedingungen zugunsten Ubers.

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Das Geschäftsmodell des US-Konzerns profitiert von einseitig verzerrtem Wettbewerb. Der Neuregelung in Österreich kann die Linzer Wirtschaftssoziologin Susanne Pernicka im Gastkommentar daher Positives abgewinnen, schafft sie doch gleiche Voraussetzungen für alle Mitbewerber auf dem Markt.

Im kalifornischen Geburtsort von Uber war die Frage, wer Vorrang hat, Taxis oder Uber, politisch und rechtlich rasch beantwortet. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten und Silicon-Valley-Erfolgsgeschichten wäre es politischer Selbstmord, Innovationen zu verhindern. Die kalifornische Kommission für Versorgungsbetriebe entscheidet im Jahr 2013 daher als erste Regulierungsbehörde der Welt, dass Uber mit einer einzigen Lizenz bundesweit und ohne Preisregulierung operieren darf. Demgegenüber gelten für Taxis nach wie vor geografisch-räumliche Begrenzungen, örtliche Steuern und fixe Taxitarife.

Uber präsentiert sich selbst als innovatives, digitales Netzwerk, das private (!) Pkw-Besitzer und Nachfrager nach Fahrdienstleistungen über eine App zusammenbringt. Uber sei kein Mitbewerber um Kunden im Mobilitätsmarkt und schon gar kein Arbeitgeber, der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für seine Fahrer abzuliefern hätte, wird von Ubers PR-Managern weltweit gebetsmühlenartig wiederholt.

Öffentliche Aufgabe für Taxis

Taxis hingegen, das wird sogar in den liberalen USA von den Regulierungsbehörden so gesehen, hätten eine öffentliche Aufgabe zu erbringen. Eine öffentliche Aufgabe ist eine Tätigkeit, die allen, auch sozioökonomisch sehr schwachen Personen, die selbst keinen Pkw besitzen, zugutekommen soll. Menschen hätten das Recht auf eine Taxifahrt der letzten Meile zu einem erschwinglichen Preis.

Spätestens mit dem EuGH-Urteil 2017 gegen Uber ist UberPop, das in den USA mit privaten Fahrern operiert, weitgehend vom europäischen Markt verschwunden. Uber habe sich an dieselben Regeln zu halten wie andere Anbieter von Verkehrsdienstleistungen auch, urteilt der Europäische Gerichtshof. Von London über Berlin bis Wien arbeitet Uber daher mit Mietwagenunternehmen zusammen; diese unterliegen den jeweiligen Gewerbebestimmungen und – in Österreich – auch dem für Taxis und Mietwagenunternehmen bundesweit geltenden Kollektivvertrag.

Flexible Preisgestaltung

Ein wesentlicher Unterschied ist die Preisgestaltung, Mietwagen können beliebig hohe (etwa zu Stoßzeiten) oder niedrige Preise verlangen, Taxis fahren nach fixen Tarifen. Die für Mietwagen geltende Rückkehrpflicht zur Betriebsstätte, die von Uber-Fahrern häufig nicht eingehalten wird, ist nur ein Nebenschauplatz für eine grundsätzliche Frage: Können Taxi-, Mietwagen- und Uber-Fahrer und -Fahrerinnen von ihrem Einkommen leben?

Der Kollektivvertrag sieht bei einer Normalarbeitszeit inklusive Arbeitsbereitschaft, also jener Zeit, die die Fahrer auf Kunden wartend in ihrem Fahrzeug verbringen, von täglich zwölf und wöchentlich 55 Stunden ein monatliches Mindestentgelt von 1.285 Euro brutto vor. Uber verspricht günstige Preise und zieht für jede Fahrt, die über die App vermittelt wird, automatisch 20 Prozent des Umsatzes ein, obwohl für die Plattform keinerlei Kosten anfallen. Uber hat keinen Betriebsstandort in Österreich, sein operatives Geschäft betreibt Uber von den Niederlanden oder seinem Hauptsitz in San Francisco aus.

Enorme Kapitalreserven

Industrienahe Ökonomen sprechen sich für eine freie und flexible Preisgestaltung für Mietwagen, Taxis, Uber und andere Anbieter aus. Uber könnte seine Fahrten auch gratis anbieten, das global operierende Unternehmen verfügt über enorme Kapitalreserven, die eingesetzt werden können, um lästige Mitbewerber loszuwerden. Kunden finden das Angebot selbstverständlich toll, zumindest so lange, wie die Fahrt nur sehr wenig oder gar nichts kostet. Wie es dem Fahrer geht und ob er von seinem Einkommen überleben kann, ist schließlich nicht das Problem des Kunden, oder?

Das geplante einheitliche Gewerbe von Taxi und Mietwagenunternehmen schafft die gleichen Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund eklatant ungleicher Marktmacht der Mitbewerber. In den USA würde man sagen, es gibt nun ein "level playing field" für alle Mitbewerber auf dem Markt. Die Interessenvertretungen des Taxigewerbes und der Funkzentralen haben hier ihre Interessen gegen Uber und Co durchsetzen können; Unterbietungswettbewerbe in einem quantitativ nicht begrenzten Markt werden dadurch systematisch verhindert.

Faire Entlohnung

Neue Anbieter, die sich an diese Regeln halten wie Mytaxi, werden weiterhin für Wettbewerb um Qualität und hohe Standards sorgen. Die Interessen der Fahrer, die ihre Existenz und vielfach die ihrer Familien bestreiten müssen, sind damit aber kaum bedient. Ihre Entlohnung ist sowohl im traditionellen Taxigewerbe als auch in der qua Mietwagen betriebenen digitalen Plattformökonomie unverschämt gering.

Die Wirtschaftskammer und die Gewerkschaften haben vereinbart, bis Dezember 2020 den kollektivvertraglichen Mindestlohn auf 1.500 Euro brutto im Taxi- und Mietwagengewerbe anzuheben. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung; die neue einheitliche Gewerbeordnung sollte Verhandlungsspielraum bieten für eine faire Entlohnung. (Susanne Pernicka, 25.6.2019)