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Der Energiebedarf der Welt ist an sich schon enorm. Eine aktuelle Studie gibt Anlass zu der Vermutung, dass der Klimawandel den globalen Energiehunger in Zukunft zusätzlich befeuern wird.
Foto: AP/Charlie Riedel

Die Zukunft der Weltbevölkerung wird im Wesentlichen bestimmt von der Verfügbarkeit von Energie. Dieser Faktor bestimmt sowohl das momentane Wohlergehen der Menschen als auch die weitere wirtschaftliche Entwicklung der globalen Gesellschaften. Der jüngste Weltenergiebericht, herausgegeben vom britischen Mineralölkonzern BP, zeichnet allerdings kein optimistisches Bild der näheren Zukunft: Gegenüber 2017 stieg der weltweite Energieverbrauch demnach im Vorjahr um 2,9 Prozent. In Relation zum durchschnittlichen Wachstum der letzten zehn Jahre ist das fast der doppelte Wert.

Möglicher Teufelskreis

Manche Experten befürchten, dass dieser wachsende Energiehunger auch eine Folge des Klimawandels sein könnte, was wiederum Anzeichnen für einen Teufelskreis sein könnte: Steigende Temperaturen führen zu höherem Energieverbrauch, der zu mehr Ausstoß von klimaschädlichen Emissionen führt. Eine nun präsentierte, umfassende Untersuchung weist tatsächlich auf eine solche fatale Aufwärtsspirale hin.

Frühere Studien analysierten den Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Klimawandel auf Basis einzelner Länder oder Kontinente oder für einen einzelnen Sektor bzw. berücksichtigten nur wenige Klimamodelle. Die nun im Fachjournal "Nature Communications" veröffentlichte Studie fasst dagegen die Resultate von 21 Klimamodellen zusammen und setzt sie in Relation zu fünf sozioökonomischen Szenarien. Die dabei gesammelten Daten wurden in ein statistisches Modell zur Berechnung von unterschiedlichen Energiequellen und ökonomischen Sektoren gespeist, um aufzuzeigen, wie sich der Energiebedarf bis 2050 bei moderatem und dramatischem Klimawandel entwickeln wird.

Unangenehme Resultate

Die Ergebnisse sind durchaus bedenklich: Im Vergleich zu Szenarien, die allein auf Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum basieren, wächst der zusätzliche Energiebedarf durch eine moderate Klimaerwärmung bis 2050 um elf bis 27 Prozent. Sollte es allerdings zu einem massiven globalen Temperaturanstieg kommen (wie vielfach befüchtet), wird der zusätzliche Energiebedarf sogar um 25 bis 58 Prozent steigen.

Den größten klimawandelbedingten zusätzlichen Energieverbrauch werden dabei weite Teile der Tropen verzeichnen sowie Südeuropa, China und die USA, wie das Team um Bas van Ruijven vom IIASA bei Wien, als Hauptautor der Studie berichtet. Dieses Wachstum wird demnach vor allem auf den Stromverbrauch zurückgehen, der für Kühlsysteme in der Industrie und dem Servicesektor benötigt wird.

Wie umfangreich der klimabedingte Energiehunger werden wird, hängt nach der Studie vor allem von drei Faktoren ab: vom künftigen Ausmaß der Treibhausgasemissionen, von den unterschiedlichen regionalen Klimamodellen und den energiepolitischen Reaktionen der weltweiten Staaten auf deren jeweilige Bevölkerungs- und Einkommensentwicklungen.

Tropischer Energiehunger

"Die bedeutendsten Reaktionen einer Gesellschaft auf den Klimawandel werden die Kühlung während der warmen Jahreszeiten und das Heizen im Verlauf der kalten Jahreszeiten sein", erklärt Koautorin Enrica de Cian von der Universität Venedig.

Die Resultate lassen insgesamt befürchten, dass ärmere Länder von dieser Entwicklung besonders betroffen sein dürften. "Je geringer das Durchschnittseinkommen eines Landes pro Person ist, desto größer ist der Anteil, den Familien beitragen müssen, um künftige Energiezuwächse auszugleichen", erklärt van Ruijven. "Einige unserer Szenarien gehen regional von ungebremstem Bevölkerungswachstum aus, und in diesen Fällen könnte der Temperaturanstieg bis 2050 in den Ländern mit durchschnittlich niedrigem Einkommen im Nahen Osten und Afrika zu einem zusätzlichen Energiebedarf von jenseits der 25 Prozent führen."

Die Autoren schließen aus diesen Untersuchungen, dass Politiker in westlichen Ländern künftig selbst bei moderatem Klimawandel mit einem zusätzlichen Energieaufwand zu rechnen haben werden. Ärmere Regionen, wo der Energiebedarf durchschnittlich größer ausfällt, sollten daher besonders im Fokus künftiger Entwicklungshilfe stehen. (Thomas Bergmayr, 24.6.2019)