Salzburg/Wien – Vor fünf Jahren ist die Halleinerin Maria G. nach Syrien aufgebrochen und soll sich dort der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen haben. Nach ihr wird per europäischen Haftbefehl gefahndet. Nun hofft ihre Mutter, die 22-jährige Tochter und ihre beiden Enkel mithilfe der Regierung heimholen zu können. Das Außenministerium möchte nun zumindest die Kinder nach Österreich holen.

Wie das Ö1-"Morgenjournal" am Dienstag berichtete, setzen die Eltern große Hoffnungen in die Übergangsregierung. Im Mai waren die beiden Halleiner in Syrien und konnten eine Stunde lang in dem Gefangenencamp im kurdisch dominierten Norden des Landes mit der Tochter sprechen. Die Kinder im Alter von eineinhalb und drei Jahren sollen laut der Familie in einem schlechten Gesundheitszustand sein. "Unser kleinerer Enkelsohn überlebt den heißen syrischen Sommer im Zeltcamp womöglich nicht", sagte der Großvater im Interview mit Ö1. Die Kinder seien abgemagert und traumatisiert. Der Eineinhalbjährige könne weder gehen noch krabbeln.

Kindeswohl steht im Vordergrund

"In diesem Fall und zwei weiteren sind wir mit den Angehörigen, den österreichischen Sicherheitsbehörden und internationalen Organisationen, die vor Ort präsent sind, im Kontakt", sagt Peter Guschelbauer, Sprecher des Außenministeriums, zum STANDARD. Das Außenministerium habe in der Region in Nordsyrien nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Es handle sich um ein Konfliktgebiet, für das eine Reisewarnung bestehe, und es würden die staatlichen Ansprechpartner fehlen. Aber: "Das Kindeswohl steht im Vordergrund, und wir bemühen uns um eine Rückholung der Kinder", sagt Guschelbauer. Man sei mit internationalen Organisationen in Kontakt, um vorerst die medizinische Betreuung der Kinder zu gewährleisten.

Anders sieht das für die 22-Jährige aus. "Für die Erwachsene liegt kein konkreter Rückkehrwunsch vor", sagt der Ministeriumssprecher. Das Außenministerium werde daher nicht aktiv. Es sei eine Frage der Justiz und der Sicherheitsbehörden, weil ein aufrechter Haftbefehl gegen die junge Frau vorliegt. Eine Auslieferung dürfte sich jedoch schwer gestalten, da sie nicht von syrischen Behörden inhaftiert wurde, sondern sich in einem kurdischen Gefangenenlager befindet. Es gibt keinen offiziellen Kontakt zu den kurdischen Gruppen.

Die 52-jährige Mutter sagte am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD, derzeit keine Interviews mehr geben zu wollen. Sie wolle zuerst die weiteren Schritte des Außenministeriums abwarten. Die Frau hat bereits im Vorjahr versucht, die Tochter nach Hause zu holen. Das brachte ihr eine Anklage wegen Terrorismusfinanzierung ein. Sie soll einem Mittelsmann der Terrormiliz 6.000 Euro übergeben haben, um ihrer Tochter die Heimreise mit einem Schlepper zu ermöglichen. Maria G. blieb aber in Syrien. Der Prozess gegen die Mutter endete mit einem Freispruch.

Kickl warnt vor Sicherheitsrisiko

Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) rief die Übergangsregierung indes auf, weder IS-Kämpfer noch Unterstützer mit österreichischer Staatsbürgerschaft zurückzuholen. "Das Sicherheitsrisiko für unsere Bevölkerung ist viel zu hoch. Jene, die jetzt zurückkehren wollen, haben alles, wofür unsere Gesellschaft steht, bekämpft und sind nicht klüger geworden, sondern haben eine Niederlage erlitten. Jetzt tun sie so, als ob sie es immer schon gewusst hätten", teilte der geschäftsführenden FPÖ-Klubobmann in einer Aussendung mit.

Kickl rief die Regierung auf, die Pläne für ein internationales Sondertribunal in der Region voranzutreiben. Als Innenminister habe er "bereits in mehreren Staaten Unterstützer dieser Idee gefunden", so Kickl, der auch für eine Forcierung der Aberkennung von Staatsbürgerschaften eintrat. Die Staatenlosigkeit dürfe einer Aberkennung nicht entgegenstehen, "denn wer sich dem IS angeschlossen hat, der hat damit zweifelsfrei bewiesen, dass ihm an der österreichischen Staatsbürgerschaft nichts liegt". (Stefanie Ruep, 25.6.2019)