Deutsche Reisepässe sollen leichter entzogen werden können.

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Berlin – Die deutsche Regierung hat erhebliche Verschärfungen im Staatsbürgerschaftsrecht in die Wege geleitet. Die Verleihung der Staatsangehörigkeit an Ausländer soll künftig von einer "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" abhängig gemacht werden – dies beschloss der Innenausschuss des deutschen Bundestags am Dienstag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD.

Der Bundestag soll am Donnerstag über die Vorlage abstimmen. Der Neuregelung zufolge soll zudem Doppelstaatlern künftig der deutsche Pass entzogen werden können, wenn sie einer Terrorgruppe angehören. Mit Passentzug muss zudem rechnen, wer seine Einbürgerung durch falsche Angaben erschlichen hat. Bisher konnte der deutsche Pass in solchen Fällen bis zu fünf Jahre nach der Einbürgerung wieder aberkannt werden. Diese Frist soll nun auf zehn Jahre verlängert werden.

Union setzte sich durch

Besonders umstritten an dem Entwurf ist die Forderung, dass sich Ausländer nur dann einbürgern lassen können, wenn sie sich in die "deutschen Lebensverhältnisse" einordnen. Mit dieser vor allem von der Union vertretenen Forderung will die Koalition nach eigenen Angaben verhindern, dass Menschen eingebürgert werden, die in Vielehe leben.

Der Innenausschuss forderte das zuständige deutsche Innenministerium deshalb mit Koalitionsmehrheit auf, einen entsprechenden Passus im neuen Gesetz zur Reform der Staatsangehörigkeit einzufügen. Ausdrücklich solle darin auch ein Einbürgerungsausschluss für Menschen in Vielehe verankert werden.

Opposition kritisiert "schwammiges Kriterium"

In der Formulierung "Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse" sieht die Opposition ein "schwammiges Kriterium", das in der Praxis "weitreichende Auswirkungen auf alle Migrantinnen und Migranten in Deutschland" haben wird, wie die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat kritisierte. "Mit diesem Gesetz versucht die Union ohne Not, das Leitkulturprinzip im Staatsangehörigkeitsrecht zu verankern."

Der vom Ausschuss gebilligte Entwurf des Innenministeriums sieht außerdem vor, dass Doppelstaatsbürgern die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden kann, wenn sie Mitglied einer terroristischen Vereinigung wie der Jihadistenmiliz IS sind.

Diese Regelung darf allerdings nicht rückwirkend angewendet werden: Sie betrifft also etwa nicht die IS-Rückkehrer – also Jihadisten mit deutschem Pass, die sich im Herrschaftsbereich des IS-Miliz aufgehalten haben und von denen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden eine Gefahr ausgeht. Sie kann aber auf jene IS-Kämpfer angewendet werden, die sich in den verbliebenen Bastionen und Rückzugsgebieten der IS-Miliz aufhalten.

Die Neuregelung ist Teil des Migrationspakets der Großen Koalition, das der Bundestag Anfang Juni zum größten Teil beschlossen hatte. Auch wegen einer damals noch ausstehenden Anhörung war die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts damals zunächst noch nicht im Plenum beschlossen worden. (APA, AFP, 25.6.2019)