Kaum zu glauben, aber Donald Trump weist Vergewaltigungsvorwürfe tatsächlich damit zurück, die betreffende Frau sei gar nicht "sein Typ".

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Vor einigen Tagen erhob eine weitere Frau schwere Vorwürfe gegen Donald Trump. Er soll in den 1990er-Jahren die US-Journalistin E. Jean Carroll in einer Umkleidekabine eines Kaufhauses vergewaltigt haben. Trump weist alles von sich, wie auch die Vorwürfe von insgesamt 15 anderen Frauen, die ihm sexuelle Übergriffe vorwerfen.

Und wie tut er das im aktuellen Fall? Er weist den Vorwurf der Vergewaltigung damit zurück, dass sie nicht "sein Typ" sei. Von der Dummheit dieser "Verteidigung" mal abgesehen – was, wäre sie denn "sein Typ" gewesen? –, liefert uns das einmal mehr ein glasklares Bild der bodenlosen Frauenverachtung von Donald Trump.

Das Dekolleté einer "dreckigen Hure"

"Nicht mein Typ." Natürlich wissen wir intuitiv, warum dieser Ausspruch fürchterlich ist. Doch das reicht nicht, wir müssen solche Sager genauer in den Blick nehmen, klar aussprechen, was alles drinsteckt, nämlich: Das Äußere dieser Frau sagt mir zu wenig zu, als dass ich sie vergewaltigen würde. Demnach ist nicht die Vergewaltigung das Problem, sondern das Aussehen einer Frau. Und das von einem der mächtigsten Menschen der Welt, ja – Mensch, nicht Mann. Das verleiht dem Ganzen noch einmal ein Gefühl dafür, was passieren würde, wenn etwa Hillary Clinton als US-Präsidentin den 16. Vorwurf sexueller Gewalt und/oder sexueller Belästigung damit quittieren würde, dass das nicht sein könne – schließlich sei der Typ, sexuell betrachtet, nicht ihr Fall.

Doch es muss kein Vergewaltigungsvorwurf an den US-Präsidenten sein, damit dieser patriarchale Klassiker zum Einsatz kommt, sprich: dieses Frauen-Hinterherrotzen, ob Mann sie "geil" findet oder nicht. Diese Vorgehensweise veranlasste Frauen gerade wieder zu einer Twitter-Kampagne. Unter dem Schlagwort #JeKiffeMonDecollete (Ich liebe mein Dekolleté) twitterten sie zu Tausenden ihr Dekolleté. Ein Mann hatte einer Frau nachgerufen, sie habe das "Dekolleté einer dreckigen Hure", worauf diese die Twitter-Kampagne startete.

Man kann hinterfragen, ob man so einer Hassrede wirklich damit entgegnen muss, dass man sein Dekolleté "liebt". Letztendlich sollte schlicht damit Schluss sein, dass Männer noch immer in diesem riesigen Ausmaß glauben, Frauen damit beleidigen zu müssen, ja – überhaupt beleidigen zu können, indem sie ihr Aussehen bewerten. Da ist es eigentlich völlig egal, ob die betroffene Frau ihr Dekolleté super findet oder ob sie für dieses Körperteil keine tieferen Gefühle hegt. Aber gut, das ist nur ein kleiner Einwand zu einem Detail dieses Aktivismus, der an sich freilich nötig ist.

Irgendjemandes "Typ"

Das zeigt auch Trump. Er ist an einem Ende eines riesigen Spektrums der alltäglichen Erfahrungen, dass Männer das Aussehen von Frauen öffentlich und völlig ungeniert aburteilen. Das ganz andere Ende dieses Spektrum mag vielleicht sympathischer erscheinen, etwa das anerkennende Nicken in Richtung einer Frau. Aber wer will schon die selige Ruhe einer U-Bahn-Fahrt, eines Freibadaufenthalts – oder gar die Glaubwürdigkeit eines Vergewaltigungsvorwurfs – davon abhängig wissen, ob man irgendjemandes "Typ" ist. (Beate Hausbichler, 26.6.2019)