Etliche Assamesen legen gegen ihren NRC-Status Veto ein.

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Am Mittwoch veröffentlichte der indischen Bundesstaat Assam eine Liste mit weiteren 100.000 Personen, die mit Ende Juli aller Voraussicht nach staatenlos sein werden. In dem nordöstlichsten Bundesstaat Indiens gibt es seit Jahren die Bestrebung, eine neue Bürgerliste zu erstellen, um gegen illegale Migration vorzugehen, wie es von offizieller Seite heißt.

Vor allem aus dem Nachbarland Bangladesch gebe es viele illegale Migranten. Ex-Finanzminister Arun Jaitley hat bereits vor Monaten erklärt, dass der Zuzug illegaler muslimischer Einwanderern dazu führen könnte, dass Bangladesch Gebietsansprüche an Indien stelle, weil durch die Zuwanderung in manchen Gegenden Muslime in die Mehrheit seien. Kritiker sehen das Projekt aber als Teil einer muslimenfeindlichen Politik der indischen Regierung.

Vier Millionen nicht auf Liste

Vor einem Jahr hatte der Bundesstaat den finalen Entwurf der Liste ("National Register of Citizens", NRC) veröffentlicht, auf dem sich fast vier Millionen Bewohner Assams nicht wiederfanden. Insgesamt 33 Millionen Bewohner hatten sich um die Staatsbürgerschaft beworben, aber nur 29 Millionen schafften es auf die Liste.

Um als "echter" Inder zu gelten, müssen Dokumente vorgelegt werden, die beweisen, dass man selbst oder seine Vorfahren vor 1971 nach Assam eingewandert sind. Das ist etwa dadurch erreicht, dass sich sein Name auf dem Zensus von 1951 oder auf Wählerlisten bis 1971 wiederfindet.

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Vor den Ämtern bilden sich lange Schlagen, weil Menschen die Listen einsehen wollen.
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Das Problem für viele Bewohner Assams ist aber, dass ihre Familien zwar schon seit Jahrzehnten in der Region leben, nicht aber über die nötigen Dokumente verfügen oder sich nie registriert haben. Ein häufiges Problem ist auch, dass Namen in den Akten falsch geschrieben sind. So ist auch der Neffe eines ehemaligen indischen Präsidenten von den Maßnahmen betroffen.

Schon die Veröffentlichung des Listenentwurfs hat vor einem Jahr Unsicherheit und Panik ausgelöst. Innerhalb der folgenden zwei Monate konnten Betroffene gegen den ihnen zugeordneten Status Einspruch erheben. Es gab aber auch die Möglichkeit, Namen, die bereits auf der Liste waren, zu beanstanden.

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Immer wieder demonstrieren Menschen auch gegen das Zensus-Projekt.
Foto: Reuters/ Chowdhari

Einen Monat vor der voraussichtlichen Veröffentlichung der finalen Liste gehen nun wieder die Wogen hoch. Die Behörden haben eine neue Liste mit 102.462 Personen veröffentlicht, die es eigentlich schon in das Register geschafft hatten, aber wieder gestrichen wurden.

In einer Presseaussendung nennt Assams Regierung drei Gründe: Die Personen seien bereits als "Ausländer" deklariert (und waren fälschlicherweise auf die Liste geraten), ihr Fall sei noch nicht geklärt; oder aber ihnen wurde ihr Status in einem Prüfprozess aberkannt.

Vor das "Ausländertribunal"

Die betroffenen Personen können aktuell noch einmal bis 11. Juli Einspruch erheben – am 31. soll dann aber die definitive Liste veröffentlicht werden. Wer dann nicht auf der Liste ist, gilt als staatenlos. Die Betroffenen sollen entweder abgeschoben werden oder in den noch zu klärenden Fällen vor sogenannte "Ausländertribunale" gestellt werden oder in Internierungslager kommen. Zu dem Zweck wurden bereits sechs solche Lager gebaut, zehn weitere sind gerade in Planung, berichtet die Hindustan Times. Außerdem sollen bis Anfang September 200 weitere Ausländertribunale eingerichtet werden. Denn Einsprüche sind weiterhin möglich.

Die Bestrebungen, durch neue Bürgerlisten "echte Inder" von illegalen Migranten zu unterscheiden, gibt es bereits seit Jahren in Indien. Das von BJP-Gouverneur Sarbananda Sonowal regierte Assam ist der erste Bundesstaat, der das Projekt in die Tat umsetzt. (Anna Sawerthal, 26.6.2019)