Der chinesische Geschäftsmann Mike Zhang, der seit April 2019 den Titel "Wakilin Yan China" (Repräsentant der chinesischen Gemeinschaft) trägt, wird inszeniert wie ein nigerianischer Würdenträger.

Foto: Katrin Gänsler

Wer am Nnamdi Azikiwe International Airport in Nigerias Hauptstadt Abuja landet, sieht das schlichte Logo in Blau auf weißem Hintergrund immer wieder: CCECC steht für China Civil Engineering Construction Corporation. Es ist das Bauunternehmen, das gerade den neuen Terminal fertigstellt, die Eisenbahnstrecke nach Kaduna gebaut hat und in Zukunft wohl noch so manche Straße in Afrikas einwohnerreichstem Staat schaffen wird.

Im Jahr 2017 ging die Unternehmensberatung McKinsey davon aus, dass es landesweit 920 chinesische Unternehmen gibt. China sei schließlich "innerhalb von zwei Jahrzehnten von einem relativ kleinen Investor zu Afrikas wichtigstem Wirtschaftspartner geworden".

Milliarden-Investitionen

Nigeria ist als größte Volkswirtschaft besonders attraktiv. Vergangenes Jahr beschlossen beide Länder einen Währungstausch, damit Geschäfte künftig in Yuan abgewickelt werden können. Das American Enterprise Institute schätzt, dass chinesische Investitionen und Bauverträge zwischen 2015 und 2018 ein Volumen von 26,69 Milliarden US-Dollar hatten. Während der chinesisch-afrikanischen Partnerschaftswoche (FOCAC) im September 2018 verteidigte Präsident Muhammadu Buhari die enge Anbindung an China und nannte sie eine "erfolgreiche Partnerschaft". Kritik, dass sich Nigeria bei Zahlungsunfähigkeit in eine "chinesische Schuldenfalle" begeben könnte, wies er zurück.

Mit 200 Millionen Einwohnern ist Nigeria allerdings auch ein riesiger Absatzmarkt für chinesische Produkte. Einer, der sie vertreibt, ist in Abuja Olumide Adayanju. "Mobiltelefone, Zubehör und Laptops habe ich in meinem Angebot. Ich sage meinen Geschäftspartnern in China, was ich brauche, sie liefern es." Auf die Frage, warum Adayanju nicht Waren aus Europa importiert, lächelt er fast zynisch: "Wir sind doch weiter ein Drittweltland mit hoher Armutsrate. China ist interessant, weil man die Dinge bezahlen kann. Wer könnte sich hier ein iPhone leisten? Das ist viel zu teuer."

"Chinese Language Training Institute"

Künftig will Olumide Adayanju jedoch nicht mehr nur Handys, Kabel und Kameras einführen. Er möchte auch mit seinen Geschäftspartnern verhandeln können, und zwar auf Chinesisch. Deshalb ist er Mitbegründer des Chinese Language Training Institute in Abuja. Die Idee entstand durch seinen Freund Owoseni Kehinde, der die Schule heute leitet. Kehinde ging 2006 zum Studium nach China. "Wir waren skeptisch und fragten uns, was er dort macht. Doch dann erfuhren wir, dass es dem Land wirtschaftlich gut geht", erinnert sich Adayanju.

Angezogen von Land und Sprachen fühlen sich heute nicht mehr nur Kleinunternehmer, sondern auch Studierende. "An China habe ich anfangs gar nicht gedacht", gibt Isah Danja zu, der an der South West University Nanjing im Bereich Städteplanung promoviert. Nanjing liegt gut 300 Kilometer nordwestlich von Schanghai. Danja kam vor acht Jahren über Geschäftsbeziehungen seines Bruders ins Land. Nach seinem Bachelorabschluss erhielt er für Master- und Promotionsstudium ein Vollstipendium. Damit wirbt auch das chinesische Wirtschaftsministerium auf seiner Homepage. Studierende erhalten maximal knapp 450 Euro monatlich. In Nigeria liegt hingegen der Mindestlohn bei 75 Euro. 26 Universitäten sind aufgelistet.

Per Stipendium nach China

Für Isah Danja ist eines klar: Nach seinem Studium will er zurück nach Nigeria und sein Wissen anwenden. "Wir können von China lernen, wie man das Bevölkerungswachstum kontrolliert", sagt der Doktorand. In China lag das laut Weltbank 2017 bei 0,6 Prozent, während Nigeria 2,6 Prozent verzeichnete, ohne dass die Infrastruktur mitwächst.

Die nigerianischen Studierenden werden zu Botschaftern Chinas werden, davon geht in der nordnigerianischen Wirtschaftsmetropole Kano Mike Zhang aus. Der Geschäftsmann lebt seit 2004 in Nigeria, wurde aber Ende April landesweit als "Wakilin Yan China" – Repräsentant der chinesischen Gemeinschaft – bekannt. Mit großer Zeremonie erhielt er den Ehrentitel vom Emir von Kano, Muhammadu Sanusi II. Dieser ist nach dem Sultan von Sokoto der wichtigste Vertreter der muslimischen Gemeinschaft im Land.

Eintauchen in Traditionen

Im Büro seines Unternehmens, das Trinkwasser abfüllt, hat Mike Zhang einen Raum zum Minipalast mit großen Sofas und vielen Fotos umgewandelt. Der Emir hat ihm einen Leibwächter geschickt. Dass ein Chinese plötzlich Teil der Haussa-Kultur ist, findet er nicht ungewöhnlich. "Wir brauchen mehr Austausch, auch auf kultureller Ebene." Der kann schließlich dazu führen, dass die Geschäftsbeziehungen noch enger werden.

Das sei sein Ziel. "Als ich das erste Mal beim Emir war, haben wir über Investitionen gesprochen." Mit dem Emir dürfte er den passenden Partner dafür gefunden haben. Vor seiner Ernennung war dieser schließlich Chef der nigerianischen Zentralbank (und ist durch und durch Geschäftsmann. (Katrin Gänsler aus Abuja und Kano, 27.6.2019)