Ein Kind kühlt sich an einem Brunnen in Graz ab.

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Jeder redet davon, jeder jammert: Die Hitze ist das Thema der Woche in Europa. Der objektiv belegbare Grund: 38 Grad Celsius in Österreich. In Frankreich und Spanien hat man mehr als 40 Grad gemessen. Das sind ungewöhnlich hohe Werte für Ende Juni, die den kalten Mai, über den auch jeder geklagt hat, vergessen lassen.

Hitze vermindert die Leistungsfähigkeit, sie strengt an und ist besonders für Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen eine enorme Herausforderung. In den U-Bahnen, auch in den klimatisierten, riecht es streng, und das Gefühl, am Gewand zu kleben, ist auch nicht gerade angenehm. Menschen wirken gereizt, ungeduldig. Wenn wir aber all diese Minuspunkte auflisten, dann sollten wir doch eher auch einen Blick auf die Statistik riskieren, die die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zur Verfügung stellt.

Seit Messbeginn im Jahr 1767 ist das nun der heißeste Juni – und von den zehn heißesten Juni-Monaten waren acht seit der Jahrtausendwende. Berücksichtigt man dann noch die wissenschaftlich mehrfach nachgewiesene Tatsache, dass Temperaturspitzen nach oben durch den Klimawandel häufiger werden, dann sollten wir darüber jammern und nicht über das aktuelle Wetter. Denn: Heiß war es immer schon mal, aber weniger häufig und weniger extrem. Oder, wie es Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in Deutschland beschreibt: "Monatliche Hitzerekorde treten heute fünfmal häufiger auf, als es bei einem stabilen Klima der Fall wäre."

Langzeitprognosen

"Die Zeit" fragte Ende August 2018 inmitten eines besonders heißen Sommers: "Ist das schon Klimawandel – oder nur Wetter?" Wahrscheinlich kann man das auch heuer schreiben. Laut nicht sehr sicheren Langzeitprognosen könnte sowohl der Juli als auch der August heißer als der Durchschnitt werden. Die Antwort kann auch heuer nur sein: Es ist das Wetter und das Klima. Und es ist nicht abzusehen, ob es in Österreich vielleicht noch heißer wird. Der Zufall spielt da mit, die momentane Wetterlage.

Vielleicht ist es ja auch noch nicht heiß genug. Inmitten des besonders warmen und trockenen Sommers 2018 schienen wohlstandsverwöhnte Menschen in Österreich und Deutschland endlich realisiert zu haben: Der Klimawandel ist bei uns angekommen, er macht uns das Leben und Arbeiten nicht so angenehm, wie wir das gern hätten. Da ist ein Ruck durch die Gesellschaft gegangen.

Ob man nun kritischer ist gegenüber Politikern, die bis heute bezweifeln, dass der Mensch mit seinem CO2-Ausstoß den Klimawandel hauptsächlich verursacht, bleibt abzuwarten. Einer von ihnen war bis vor kurzem hierzulande Vizekanzler. Angesichts dieser Hitzewelle wäre es für alle Parteien im Land an der Zeit, nicht nur Schlagworte zu liefern, sondern auch konkrete und glaubwürdige Konzepte zur Bekämpfung des Klimawandels vorzulegen. Eine zukunftsorientierte Bevölkerung müsste diese Ideen genau prüfen und dann entscheiden.

Derweil wird in Internetforen noch über die Fridays-for-Future-Galionsfigur, die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg, gespottet und ihre Nominierung für den Friedensnobelpreis ins Lächerliche gezogen: wofür man heutzutage schon diesen Preis gewinnt? Antwort: Sie macht Werbung für unseren Planeten. Einen vergleichbar lebenswerten haben wir nämlich noch nicht gefunden. (Peter Illetschko, 26.6.2019)