Ehud Barak will es noch einmal wissen.

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Immer wieder hat er sich in den vergangenen Jahren am Spielfeldrand der Politik bemerkbar gemacht, hat kommentiert, dazwischengerufen, geschimpft. Und manchmal sah es so aus, als wollte er demnächst selbst wieder mitspielen. Nun ist es so weit: Ehud Barak, Israels früherer Premier und Verteidigungsminister, wird eine neue Partei gründen und mit ihr bei den Neuwahlen im September antreten.

"Es ist nicht der Zeitpunkt, um an der Seitenlinie zu stehen", erklärte Barak am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Tel Aviv, bei der er seine Rückkehr in die Politik verkündete. Ziel des 77-jährigen Politikveteranen ist es, eine weitere Amtszeit Benjamin Netanjahus zu verhindern. Dessen Regierung sei korrupt, rassistisch und extremistisch, erklärte Barak und warf dem Premier vor, das Land ins Chaos zu stürzen, um sich selbst von einer Gefängnisstrafe zu retten. Netanjahu droht eine Anklage wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue. Netanjahus Zeit als politischer Anführer sei abgelaufen, so Barak.

Ehud Barak, der einst die israelische Armee anführte, war von 1999 bis 2001 Premier und von 2007 bis 2013 Verteidigungsminister, erst unter Ehud Olmert, später unter Netanjahu. 2011 verließ er die Arbeiterpartei und gründete schon damals eine eigene Partei. 2013 kehrte er der Politik den Rücken. Medienberichten zufolge soll er bereits vor der Wahl im April mit Benny Gantz vom Bündnis Blau-Weiß wegen einer Kooperation im Gespräch gewesen sein, diese sei am Ende aber nicht zustande gekommen.

Neuwahlen auf der Kippe

Ob die Neuwahlen nun wie geplant am 17. September stattfinden, scheint derzeit nicht mehr sicher: Vor wenigen Tagen verkündete Netanjahus Parteifreund, der Knesset-Sprecher Juli Edelstein, er habe einen Weg gefunden, um die "unnötigsten Wahlen in der Geschichte Israels" wieder abzusagen. "Es ist unsere Pflicht, zuzulassen, dass die 21. Knesset weitermacht." Das israelische Parlament hatte im Mai seine Auflösung beschlossen, nachdem es Netanjahu nicht gelungen war, eine Koalition auf die Beine zu stellen.

Unklar ist derzeit, ob und wie Netanjahu ohne Neuwahlen eine Regierung bilden könnte – und ob die Absage der Neuwahlen überhaupt legal wäre. Rechtsexperten wie Guy Lurie vom Israelischen Demokratieinstitut in Jerusalem bezweifeln dies: "Der Vorschlag steht rechtlich gesehen auf wackligen Beinen." Der Jurist warnt davor, dass Grundrechte und demokratische Prinzipien für parteipolitische und persönliche Interessen ausgenutzt werden: "Ein solcher Präzedenzfall würde bedeuten, dass zukünftig eine Mehrheit vorgezogene Wahlen wieder absagen kann, wenn die Umfragen für sie schlecht aussehen. Das widerspricht den grundlegenden Prinzipien der Demokratie."

In den kommenden Tagen will sich Netanjahu dazu mit Knesset-Sprecher Edelstein treffen. Ob die beiden für das Vorhaben genügend Stimmen zusammenbekommen? Und ob der Oberste Gerichtshof das Vorhaben zulassen wird? Nur eines ist derzeit sicher: Es wird ein heißer Sommer in Israel. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 27.6.2019)