Plastikflaschen sind ein weltweites Recyclingproblem: Druck kommt von Endverbrauchern und Staaten, die nicht mehr Endlager sein wollen.

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Klaus Feichtinger und Manfred Hackl erhielten den Erfinderpreis.

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Bei den Kunststoffen bewegt sich was. Druck kommt von Staaten wie China, die nicht mehr als Endlager für Millionen Tonnen Plastikmüll aus dem Westen dienen wollen. Druck kommt von der EU, die ihre Recyclingziele – 100 Prozent bis 2030 – hochsteckt und schon davor Einwegplastikprodukte wie Wattestäbchen oder Trinkhalme verbietet. Und Druck kommt von der Bevölkerung selbst, die schockiert durch Berichte über riesige Müllinseln und Plastikabfall in Walbäuchen zu – in der Herstellung energieintensiveren – Glasflaschen greift oder Mehrweggebinde und andere Alternativen fordert.

Laut Daten von 2015 schafften nur eine Handvoll EU-Staaten Recyclingquoten von über 50 Prozent. Österreich ist – obwohl hier etwa der Siegeszug des Kunststoffrecyclings viele Mehrwegflaschen in den vergangenen Jahrzehnten verdrängt hat – nicht darunter. Laut Daten des Umweltministeriums werden 28 Prozent der Abfälle in neuer Form wiederverwendet, das liegt nahe am EU-Durchschnitt von etwa 30 Prozent. 71 Prozent werden in Österreich thermisch verwertet, ein Prozent deponiert.

Auszeichnung in Wien vergeben

Zu den Bemühungen von Industrie und (Teilen der) Politik, mehr Kunststoff dem Wiederverwertungskreislauf zuzuführen, passen auch die diesjährigen Preisträger des Europäischen Erfinderpreises, der vergangene Woche in Wien vergeben wurde. Mit dem Preis feiert das Europäische Patentamt (European Patent Office, EPO), wo man übrigens auch seit vielen Jahren an einem europäischen Einheitspatent, also einem "EU-Patent", bastelt, seine herausragendsten Kunden und hebt besondere Forschungsleistungen in Industrie, Klein- und Mittelbetrieben und wissenschaftlichen Instituten, auch über Europa hinaus, hervor.

Der französische Immunologe Jérôme Galon wurde etwa für eine Krebsdiagnosemethode ausgezeichnet, der Japaner Akira Yohiro für seine Arbeit an Lithium-Ionen-Batterien und der Niederländer Rik Breur für eine Folie für Schiffsrümpfe, die den Treibstoffverbrauch verringert. Die spanische Molekulargenetikerin Margarita Salas Falgueras wurde für ihre Pionierarbeit bei der DNA-Vermehrung mit einem Preis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Im Bereich Industrie ging der Preis an Klaus Feichtinger und Manfred Hackl – und damit nach Österreich. Hackl ist Geschäftsführer der Erema-Gruppe, die seit der Gründung zu Beginn der 1980er-Jahre auf die Entwicklung und Produktion von Kunststoffrecyclinganlagen spezialisiert ist. Feichtinger war bis vor kurzem Kogeschäftsführer.

Mechanischer Prozess

Kern der Anlagen ist eine Kombination von sogenannten Schneidverdichtern und Extrudern, die in einem mechanischen Verfahren sortierte, vorgereinigte und zerkleinerte Kunststoffe zu Regranulat, also körniges Ausgangsmaterial für neue Kunststoffprodukte, verarbeiten. "Verunreinigungen und Gerüche werden herausgeholt und die mechanischen Eigenschaften des Polymers so weit wiederhergestellt, dass es erneut in Produkten verwendet werden kann", sagt Hackl, der auf insgesamt 110 Patentfamilien im Bereich Kunststoffrecycling verweist, die sein Unternehmen hält.

2010 hatten die Erfinder die Idee zu ihrer sogenannten Counter-Current-Technologie, mit dem dieses grundsätzliche Konzept effizienter gestaltet werden konnte. Seit der Umstellung im Jahr 2013 seien in etwa 2000 Maschinen, die mit dieser neuen Technologie ausgestattet sind, ausgeliefert worden. Der größte Vorteil: Der Verarbeitungsprozess wird stabiler, und es werden Recyclingprodukte in einer höheren Qualität möglich.

Die Kunststoffabfälle werden in der Anlage vorverdichtet und erwärmt, bevor sie der Schnecke des Extruders zugeführt werden, wo das Material entgast, gefiltert und homogenisiert wird. Die prämierte Weiterentwicklung der Anlage bestand nun darin, dass die Richtung geändert wird, in der die Schnecke beschickt wurde. Bisher hatte man den Extruder mit der Laufrichtung befüllt. "Nun wird das Material gegen die Förderrichtung in die Schnecke gepresst.

"Garantiert immer voll"

Das führt dazu, dass diese immer gleichmäßig voll ist", erklärt Feichtinger. "Es ist, als ob man einen Behälter in einem Bach füllen will. Bewegt man ihn mit der Fließrichtung, kann er leer, voll oder teilweise gefüllt sein. Zieht man ihn gegen die Fließrichtung, ist er garantiert immer voll." Der einfach klingenden Idee folgten jahrelange Optimierungsarbeit und 13 angemeldete Patente.

Der Prozess wird mit der Maßnahme gleichmäßiger, die Durchsätze höher. Das Material wird weniger Belastungen ausgesetzt, höhere Verarbeitungstemperaturen werden möglich. "Dadurch können letztendlich komplexere Materialien recyclt werden als bisher", betont Hackl. "Vor fünf Jahren hat man dünne Haushaltsfolien noch verbrannt. Jetzt können sie mit 100 Prozent Regranulat zu neuen Folien verarbeitet werden."

Feichtinger sieht neben neuen technischen Möglichkeiten auch ein Umdenken der Industrie. Bis vor wenigen Jahren sei bei Lebensmittelverpackungen allein die Verlängerung der Haltbarkeit die Maxime gewesen. Mehrere Kunststoffe, Aluminium – was auch immer notwendig erschien, wurde verwendet. Heute versuche man mehr sortenreine Verpackungen aus nur einem Polymer herzustellen, um das Recycling einfacher zu gestalten. Die Zukunft wird die Bandbreite industrieller Recyclingprozesse noch erweitern.

Einheitliche Sammelsysteme

Welche Erfordernisse sehen die Recyclingexperten auf dem Weg zu einer effizienteren Wiederverwertung? Man müsse – ähnlich wie bei Papier – Recyclingkunststoffe stärker in Endprodukte bringen. Entwicklungsländer benötigen bessere Geschäftsmodelle fürs Plastiksammeln. Und Europas Sammelstrategien sollten angeglichen werden. Hackl: "Wenn wir in Österreich innerhalb von 30 Kilometern drei verschiedene Sammelsysteme haben, macht es das für die Industrie nicht leichter. Am besten wäre eine europaweite Vereinheitlichung." (Alois Pumhösel, 26.6.2019)