Der Wiener Akkordeonspieler Krzysztof Dobrek hat zwar, wie er meint, ein Ohr für Dinge, aber kein Auge. Die lebendige Schönheit der Wohnung verdankt er seiner Frau. Und dem Gespräch mit den Pflanzen.

"Ich spreche gerne mit meinen Pflanzen, aber ich sollte das noch viel öfter tun. Und ich habe auch gemerkt: Wenn ich in Anwesenheit meiner Pflanzen musiziere, dann wachsen und gedeihen sie viel schneller und viel üppiger.

"Über einen wunderbaren Zufall" hat Krzysztof Dobrek seine Wohnung gefunden.
Foto: Lisi Specht

Vor ein paar Jahren hatten wir einmal eine echt heiße Phase, wo wir innerhalb von sechs Monaten mehr als 30 Proben hier im Wohnzimmer hatten. Die Zimmerpflanzen haben sich in dieser Zeit in diesen wahnsinnigen Dschungel verwandelt, in dem wir nun sitzen. Heute finden die Proben meist im Haus unseres Schlagzeugers statt. Umso wichtiger ist, dass ich mich nun auf nichtmusikalischer Ebene mit dem Grün unterhalte.

Was das für Pflanzen sind, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Das ist das Reich meiner Frau. Aber ich weiß, dass Pflanzen einen Raum menschlich und lebendig machen, denn nur mit Holz, Glas, Metall, Kunststoff und Textilien allein schafft man das nicht. Dann bleibt der Raum tot. So ähnlich verhält es sich meiner Meinung nach mit der Stadt. Auch Stadt braucht Grünräume. Die Wohnung liegt im dritten Bezirk, mitten im Weißgerber-Grätzel, nur einen Block vom Donaukanal und ein paar Gehminuten vom Prater entfernt. Ich bin oft in der Natur. Die Natur ist nach der Musik, denke ich, das wichtigste Biotop in meinem Leben.

Die meisten Möbel wurden über viele Jahre auf Flohmärkten in ganz Österreich zusammengesucht.
Fotos: Lisi Specht

Das ist die mittlerweile siebte oder achte Wohnung in Wien. Gefunden habe ich sie 1999, und zwar über einen wunderbaren Zufall. Einen Stock unter mir hat früher mein Geiger gewohnt. Eines Tages ruft er mich an und sagt: "Krzysiek, pass auf, über mir ist eine 100 Quadratmeter große Wohnung frei geworden. Die musst du nehmen!" Die darauffolgenden Jahre waren sehr praktisch, denn zum Proben ist entweder er mit der Violine einen Stock hinauf-, oder ich bin mit meinem Akkordeon einen Stock hinuntergegangen. Der Geiger ist längst ausgezogen. Das Leben hat sich verändert. Heute wohne ich hier mit meiner Frau Agata und unserer Tochter Anna Carolina.

Dass die Wohnung so ausschaut, wie sie ausschaut, ist einzig und allein meiner Frau zu verdanken. Sie ist diejenige mit dem Händchen für Schönheit und Gestaltung. Ich kann mich erinnern: In den ersten Jahren in Wien gab es kein freies Wochenende. Samstag für Samstag, Sonntag für Sonntag waren wir auf irgendwelchen Flohmärkten in ganz Österreich, auf der Suche nach den perfekten Stücken für diesen Ort. Die meisten Möbel wurden auf diese Weise über viele, viele Jahre zusammengetragen, und ich bin jedes Mal aufs Neue erstaunt, wie gut und harmonisch all das zusammenpasst.

Erst die Pflanzen machen die Räume menschlich und lebendig, findet der Künstler Krzysztof Dobrek.
Fotos: Lisi Specht

Das ist ein Ort mit vielen Geschichten und einer enormen Lebendigkeit. Und mich berührt das – allein schon deshalb, weil ich selbst dazu nicht in der Lage wäre. Visuell habe ich, glaube ich, nie eine sonderlich große Entwicklung zurückgelegt. Ich habe zwar ein Ohr für Dinge, aber kein Auge. Ich weiß zwar, was ein schöner Klang ist, und auch, wie man ihn erzeugt, aber im Schauen, in der optisch-ästhetischen Rezeption bin ich ein hoffnungsloser Laie.

Jetzt werden Sie mich sicher gleich fragen, wie denn eine schöne Wohnung klingen muss. Und dann werde ich Ihnen antworten: Genau so! Der Parkettboden quietscht und knirscht, die Möbel knacken und knarren, durch die Fenster dringt im Sommer ein angenehm städtischer Lärm ins Wohnzimmer. Ich mag dieses urbane Gewurl sehr. Das ist ein wunderschöner Klang in meinen Ohren. Mit Musik hingegen tue ich mir oft schwer, denn meistens verstehen wir darunter nur irgendeine Hintergrundbeschallung. Und das ist echt mühsam.

Umso mehr sehne ich mich manchmal nach akustischer Ruhe, denn nur in der Stille kann wieder Neues entstehen. Nur in der Stille ist man in der Lage, diese ganz feinen Impulse zu spüren, die wie zarte Samen irgendwann einmal starke Musik werden." (1.7.2019)