Am 23.6. demonstrierten in Prag mehr als eine Viertelmillion Menschen gegen Tschechiens Premier Andrej Babis, dem sie vorwerfen, EU-Fördergelder in die eigenen Taschen manövriert zu haben.

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Tschechiens Premier Andrej Babis erweist sich als politische Teflonpfanne: Der Boden unter ihm wird heiß, gleichzeitig perlt Kritik an ihm ab, ohne Spuren zu hinterlassen. Erst am Sonntag hatten in Prag mehr als eine Viertelmillion Menschen gegen den Multimilliardär demonstriert, dem sie vorwerfen, EU-Fördergelder in die eigenen Taschen manövriert zu haben. Drei Tage später überstand seine Regierung, die im Parlament gar keine Mehrheit hat, ohne zu zittern einen Misstrauensantrag.

Hintergrund ist die wahrlich triste Lage der Sozialdemokraten (CSSD): Sie formen mit der liberal-populistischen Babis-Partei Ano ein Minderheitskabinett, das von den Kommunisten (KSCM) toleriert wird. Letztere fühlen sich pudelwohl in der Rolle als Königsmacher. Die CSSD hingegen verheddert sich in Flügelkämpfen und ist im Mai sogar aus dem Europäischen Parlament geflogen.

Beim Misstrauensvotum hatte sie nun die Wahl zwischen einer schlechten und einer noch schlechteren Option. Sie wählte Variante eins und hielt Babis an der Macht, um selbst im Spiel zu bleiben. Variante zwei hätte zudem bedeutet, dass Babis andere Partner gesucht hätte. Willig zeigt sich aber nur die Rechts-außen-Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD). Ein Industriemagnat an der Spitze einer Regierung, die von Kommunisten und Rechtsextremen toleriert wird, wäre nicht nur aus Sicht der CSSD fatal gewesen, sondern für Tschechien insgesamt – und für Europa. (Gerald Schubert, 27.6.2019)