Carola Rackete steuert die Sea-Watch 3 mit 42 Geretteten an Bord.

Foto: Sea Watch

Dunkle, lange, zusammengebundene Haare, braune Augen und Piercings am rechten Ohr: Carola Rackete wirkt wie die nette, harmlose Frau von nebenan. Bis sie in einem von Sea-Watch bereitgestellten Video in perfektem Englisch darauf hinweist, dass hinter ihr Lampedusa zu sehen ist – und sie dort mit ihrem Schiff Sea-Watch 3 nicht und nicht anlegen darf.

Rackete, die in Kiel geborene 31-jährige Deutsche, ist die Kapitänin des Rettungsschiffs der deutschen NGO, die vor der italienischen Insel darauf wartet, 42 gerettete Flüchtlinge und Migranten an Land und somit in Sicherheit bringen zu dürfen. Die Regierung in Rom und dabei vor allem Innenminister Matteo Salvini wollen dies unter allen Umständen verhindern und drohen der Schiffscrew mit Festnahme.

Für Rackete, sagt sie in dem auf der Sea-Watch 3 gedrehten Video, ist das "eine Ungerechtigkeit, die es zu beenden gilt". Es gebe die Verpflichtung, Menschen in Not zu retten, betont sie, und eine Rettungsaktion sei erst dann zu Ende, wenn die Geretteten in Sicherheit seien. Es spiele dabei keine Rolle, wie die Menschen in Not geraten seien, "es ist auch einer Feuerwehr egal, und dem Seerecht ist es ebenso egal". Dort ist die Pflicht festgeschrieben, in Seenot Geratenen zu retten.

In der Arktis und Antarktis unterwegs

Rackete, die einen Mastertitel in Naturschutz besitzt, Nautik studiert hat und sich dann zur Schiffsführerin hat ausbilden lassen, begann vor acht Jahren, auf hoher See zu arbeiten. Sie war für britische und deutsche Polarforschungsinstitutionen tätig, hat Schiffe durch die Arktis und die Antarktis gesteuert, später auch für Greenpeace gearbeitet. Über ihr Privatleben ist wenig bekannt.

Die Polarregionen habe sie genossen, weil sie "schön und inspirierend" seien. Gleichzeitig machten sie sie traurig, weil man dort deutlich sieht, "was der Mensch dem Planeten antut".

Die Menschen, so Rackete, schaden sich zudem auch gegenseitig enorm – etwa indem die europäische Bevölkerung es zulässt, dass ihre Regierungen eine Mauer auf hoher See errichten. Es gebe eine Zivilgesellschaft, die das bekämpft, sagt die 31-Jährige – und sie sei ein Teil davon.

Im Sommer 2016 übernahm Rackete als Freiwillige ihre erste Mission für Sea-Watch. "Ich habe das Privileg und die Fähigkeiten, helfen zu können" , so die Deutsche. "Ich bin bereit, mich dafür vor Gericht zu verteidigen und ins Gefängnis zu gehen", sagt sie abschließend. "Denn was wir tun, ist richtig." (Kim Son Hoang, 27.6.2019)