Ob Schwarzarbeit bei Hausbau, Kosmetik oder Nachhilfe: Für Österreicher ist der Pfusch ein Kavaliersdelikt.

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Wien – Schwarzarbeit und Pfusch liegen in Österreich mit fast 60 Prozent Akzeptanz der Bevölkerung noch immer an der Spitze der "Kavaliersdelikte". Für fast 30 Prozent der Bevölkerung ist es durchaus okay, selbst schwarz zu arbeiten, geht aus neuen Befragungsdaten des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider hervor.

Aktuell zeigten sich demnach 59 Prozent der Bevölkerung kulant, was Schwarzarbeit und Pfusch betrifft. Das ist nur eine leichte Reduktion gegenüber früheren Werten. Unter 50 Prozent lagen die Ergebnisse nur in den Jahren 2008 und 2012, während 1998 und 2017 Spitzenwerte von 64 und 60 Prozent erreicht wurden. 29 Prozent sehen kein Problem darin, selbst Schwarzarbeit auszuüben – auch dieser Wert schwankte kaum in den vergangenen 21 Jahren, in denen Schneider dieses Thema bereits untersucht.

Die "Wertschöpfung" der Schwarzarbeit ist in den vergangenen Jahren gesunken.
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Für Auto und Schüler

Besonders hoch im Kurs stehen laut Umfrage unverändert Elektroarbeiten, Autoreparaturen, Schönheitspflege und Massagen sowie diverse Tätigkeiten rund um Haus und Garten – und die Nachhilfe. 22 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten bei Autoreparaturen schon einen Pfuscher in Anspruch genommen, elf Prozent bei Hausbau, -umbau und größeren Renovierungen. Zugleich gehen die Befragten aber von drei bis sechs Mal (60 bzw. 65 Prozent) so hohen Werten für diese Sektoren aus, die Häufigkeit des Pfuschervorkommens wird also weit überschätzt.

Insgesamt wird die heimische "Wertschöpfung" durch Pfusch heuer erneut um etwas mehr als fünf Prozent zurückgehen – auf 24 Milliarden Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sind das 6,2 Prozent (nach 6,5 Prozent im Vorjahr). So niedrig war der BIP-Anteil des Pfusch zuletzt in den 1990er-Jahren.

Selber schuld

Schlechtes Gewissen ist bei Schwarzarbeit kaum zu finden, konstatiert Ökonom Schneider. 69 Prozent der Befragten meinten, vieles sei erst durch Pfusch leistbar, und 59 Prozent finden, der Staat sei wegen der hohen Steuerbelastung selbst schuld, dass so viele Schwarzarbeit nutzen. Zudem wird dem Pfusch eine gute Qualität der erbrachten Leistungen attestiert (meinten 64 Prozent). Anzeigen oder Strafen sind kein Thema: Nur fünf Prozent finden, dass man Pfusch anzeigen sollte und nur zwei Prozent gaben an, dass sie selbst Pfuscher tatsächlich anzeigen. Auch sind nur fünf Prozent für hohe Geldstrafen für Pfusch. All diese für Schneider "sehr bemerkenswerten" Ergebnisse haben sich im Zeitraum 1998 bis 2019 kaum geändert.

Die Einstellung der Österreicher zum Thema Schattenwirtschaft hat Schneider bei einer Repräsentativbefragung im April erhoben. Es handelte sich um rund 1.000 Face-to-face- und Online-Interviews, repräsentativ für die ab 15-Jährigen. Die maximale statistische Schwankungsbreite liegt laut Schneider bei +/- 3,16 Prozent.

Staat verliert bis zu 3,5 Milliarden

In die offizielle Wirtschaft werden Pfusch-Aktivitäten nur dann überführt, wenn es attraktiv ist, sich dort verstärkt zu engagieren. Das stelle eine herausfordernde Aufgabe für die staatlichen Institutionen dar, also des Bundes, der Länder und der Kommunen. So könnte nach Meinung des Experten die Abschaffung der "kalten Progression" den Pfusch um 500 Millionen Euro jährlich senken. Weitere 800 Millionen Euro Reduktion wären durch Einführung einer steuerlichen Absetzbarkeit haushaltsnaher Leistungen bzw. eine Fortführung des Handwerkerbonus erreichbar, erklärte Schneider. Auch eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie eine mehrjährige Sperre von öffentlichen Aufträgen für jene Firmen, die schwarz arbeiten oder schwarz arbeiten lassen, könnte den Pfusch vermindern.

Größter Verlierer beim Pfusch sei der Staat, so Schneider, dem hauptsächlich Sozialversicherungsbeiträge entgingen – samt Steuern zwei bis 3,5 Milliarden Euro. Die Steuerverluste seien gering, da das schwarz verdiente Geld gleich wieder in die offizielle Wirtschaft zurückfließe. (APA, 28.6.2019)