Die EU-Mitgliedsstaaten konnten sich vergangene Woche nicht auf das Klimaziel der CO2-Neutralität bis 2050 einigen. Nach dem Widerstand einiger Länder verschwand das Vorhaben in einer Fußnote. Dass es auch anders (und schneller) geht, zeigen Beispiele aus aller Welt.

Norwegen

Bis 2030 will Norwegen unterm Strich klimaneutral sein und setzt dazu einiges in Bewegung. Neue Benzin- und Dieselautos sind ab 2025 verboten, bereits jetzt fährt jedes zweite neu zugelassene Auto auf "E". Der staatliche Pensionsfonds, mit über einer Billion US-Dollar ein Schwergewicht, investiert nicht mehr in Kohle und Palmöl. Norwegen setzt allerdings auch auf umstrittene CO2-Zertifikate.

Finnland

CO2-neutral bis 2045, das war der Plan der Finnen bisher. Anfang Juni zog die neue Regierung das Ziel um zehn Jahre vor. Im Gegensatz zu Norwegen will Finnland das aber ohne den Zukauf von CO2-Zertifikaten schaffen. Bis 2050 soll das Land sogar einen negativen CO2-Ausstoß haben. Und: Finnland will das Klimathema zum Schwerpunkt seiner anstehenden EU-Ratspräsidentschaft machen.

Vereinigte Staaten von Amerika

Immer mehr Bundesstaaten widersetzen sich der rückwärtsgewandten Energiepolitik von Präsident Trump, der deklarierter Befürworter der Kohleindustrie ist. New York hat kürzlich den Klimanotstand ausgerufen und ein Gesetz verabschiedet, das den Bundesstaat bis 2050 CO2-neutral machen soll. Bis 2030 sollen 70 Prozent der Energie aus nachhaltigen Quellen kommen – Kernenergie mitgemeint. Auch Kalifornien, Colorado, Nevada, New Mexico und Washington haben sich zu 100 Prozent grüner Energie verpflichtet.

Die ersten Windräder Bhutans in Wangdue Phodrang. Bhutan ist das einzige Land der Welt, das mehr Kohlenstoff aufnimmt als es emittiert.
Foto: APA/AFP/ARUN SANKAR

Bhutan

Das buddhistische Königreich im Himalaya ist nicht nur klimaneutral, sondern schluckt sogar mehr CO2, als es ausstößt – und ist damit das einzige kohlenstoffnegative Land weltweit. Denn laut Verfassung müssen 60 Prozent des Landes bewaldet sein, momentan sind es sogar 70 Prozent. Bis 2020 will Bhutan 100 Prozent seiner Lebensmittel biologisch erzeugen und keinen Abfall produzieren.

Gambia

Laut der NGO Climate Action Tracker ist von 32 untersuchten Ländern neben Marokko nur Gambia auf dem Weg zum 1,5-Grad-Ziel, wie es im Pariser Klimaabkommen festgelegt ist. Momentan ist der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in Gambia etwa 20-mal geringer als der in Österreich. Auch wenn sich das Land wirtschaftlich weiterentwickelt, soll sich daran wenig ändern.

Um dieses Ziel zu erreichen, startete die Regierung Wiederaufforstungsprojekte, Entwicklungsbanken sollen das Stromnetz grün machen. Gambia ist besonders von der Klimaerwärmung betroffen: Aufgrund des steigenden Meeresspiegels gelangt etwa zunehmend Salzwasser in den Gambia-Fluss, der sich durch das kleine Land in Afrika zieht.

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Indien wird aktuell von einer Hitzewelle heimgesucht.
Foto: ap/Rajesh Kumar Singh

Indien

Momentan kommt ein Großteil von Indiens Energie aus fossilen Energieträgern – das soll sich ändern. Laut Climate Action Tracker ist Indiens Energiewende ambitioniert, die Chancen stehen aber nicht so schlecht, dass sie gelingt. Bis 2030 sollen 40 Prozent der Energie aus nachhaltigen Quellen kommen, dieses Ziel könnte aber schon bedeutend früher erreicht werden, wenn das Land die Pläne für neue Kohlekraftwerke aufgibt. Ab 2030 dürfen in Indien keine Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden.

Schon jetzt leidet Indien unter der Klimakrise. Aktuell wird das Land von einer Hitzewelle mit Temperaturen von teilweise über 50 Grad geplagt.

Costa Rica

In Costa Rica kommt der Strom fast zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen, der CO2-Fußabdruck des kleinen Landes zählt aber dennoch zu den größten Mittelamerikas.

Der Grund: Zum einen kommen auf die fünf Millionen Einwohner mehr als eine Million Autos – das ist einer der höchsten Werte Lateinamerikas. Außerdem wurde der Regenwald im Land in den letzten Jahrzehnten rigoros abgeholzt. Bis eine erfolgreiche Kehrtwende gelang: Dank Nationalparks, finanziert aus Benzinsteuern, ist wieder mehr als die Hälfte Costa Ricas bewaldet, die Regierung setzt auf Ökotourismus und will die Costa Ricaner fürs Fahrradfahren begeistern. Das Ziel: ein CO2-Level von null bis zum Jahr 2050. (pp, 30.6.2019)