Foto: KÖR / Iris Ranzinger

In den letzten Tagen setzten am Graben in der Wiener Innenstadt fleißige Maurer mit kübelweise Gips ein Auto zusammen. Fahrtüchtig kann man es nicht nennen. Eine Seitentür schimmert grün, die andere rot, vorne ist das Blech silbern, am Kofferraum trägt es ein Peugeot-Logo, und von oben deckt den wilden Mix eine Motorhaube zu, auf der ein Mercedes-Stern prangt. Eine klassische Fahrerkabine gibt es nicht, dafür hat das rätselhaft invalide Gefährt aber unter einer hoch gewachsenen Straßenlaterne geparkt. Ein rotes gewelltes Blech räkelt sich an ihr.

Alltäglich statt beliebig

Das Ensemble mag beliebig erscheinen, ist es aber nicht. Denn alle hier sich zusammengefunden habenden Dinge sind solche, die uns auf der Straße tagtäglich begegnen. Sie alle prägen den öffentlichen Raum entweder merklich oder kaum bewusst wahrgenommen.

Damit spielt die amerikanische Objektkünstlerin Jessica Stockholder (60) in ihrer Installation. Indem sie bekannte Elemente verzerrt, will sie ihren Betrachtern neue Perspektiven eröffnen. Mit dem Auto verbinden wir üblicherweise etwa ein Statussymbol, mit der Fahne eine Nation und Zugehörigkeit zu jener. Vermögen die Dinge das in dem verfremdeten Zustand noch?

Freundlich interessiert

Die Arbeit soll ein Moment der Instabilität in der sonst properen und konsumorientierten Wiener Innenstadtkulisse sein. Slip Slidin' Away heißt sie dementsprechend und spielt auf die Bezeichnung für eine Folie an, die rutschig wird, wenn man sie befeuchtet.

Stockholders freundlich aussehende Objekte verbreiten ihre Absichten und dahinterstehenden Überlegungen nicht marktschreierisch. Aber sie sind kurios genug, um zu interessieren. Es ist das zehnte Werk auf Initiative von KÖR Kunst im öffentlichen Raum an dem prominenten und belebten Ort. Diese Vielfalt des Laufpublikums freut die Künstlerin. (wurm, 28.6.2019)