Falschfarbenaufnahme der nördlichen Hemisphäre von Titan. Orange Regionen könnten auf Ablagerungen von Kristallen hinweisen, wo Seen aus Kohlenwasserstoffen verdunstet sind.
Foto: NASA / JPL-Caltech / Space Science Institute

Wenn im Jahr 2034 die NASA-Flugdrohne Dragonfly durch die Atmosphäre des Saturnmonds Titan schwirrt, werden wir endlich aus nächster Nähe sehen können, wie es auf dieser fremden und doch der Erde in gewisser Weise erstaunlich ähnlichen Welt aussieht.

Denn Titan hat nicht nur wie die Erde eine dichte Atmosphäre, die hauptsächlich aus Stickstoff besteht. Es gibt dort auch Wolken, Niederschläge, Flüsse und Seen – ganz wie bei uns, nur auf anderen chemischen Verbindungen beruhend. Bei Oberflächentemperaturen von minus 179 Grad Celsius spielt Wasser respektive Wassereis dort die Rolle von Gestein. Eifrig am Zirkulieren sind statt Wasser dafür Kohlenwasserstoffe, hauptsächlich Methan und Ethan.

Kristallringe

Vor allem in den Polregionen strömen Methan und Ethan in Seen zusammen, die die Größe irdischer Binnenmeere erreichen können. Und wenn sich die Seen durch Verdunstung zurückziehen, hinterlassen sie Spuren – "Badewannenringe", wie es Forscher der American Geophysical Union nonchalant bezeichnen.

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Eine Seenplatte (fast) wie auf der Erde: Blick auf den hohen Norden Titans, aufgenommen von der Cassini-Sonde.
Foto: REUTERS/NASA/JPL

Es sind aber keine Salzkrusten, wie sie sich an den Küsten irdischer Meere bilden, sondern solche aus exotischen Kristallen, die es auf der Erde nicht gibt: Sie bestehen aus festem Ethin (besser bekannt als Acetylen) und Butan – beides auf der heißen Erde in gasförmigem Zustand vorhanden.

Versuch im Labor

Diese Erkenntnis wurde freilich nicht durch direkte Beobachtung gewonnen, sondern in einem Speziallabor. Ein Team um Morgan Cable vom Jet Propulsion Laboratory der NASA schnappte sich einen Kryostaten, befüllte ihn zur Kühlung mit flüssigem Stickstoff und erwärmte ihn anschließend auf Titan-Niveau. Dann fügten die Forscher Methan, Ethan und andere Verbindungen bei und warteten ab, was passieren würde.

Als erstes stellten sie fest, dass sich Benzolkristalle bildeten – und dass diese eine überraschende Eigenschaft aufwiesen: Unter Bedingungen wie auf dem Titan arrangieren die typischen sechseckigen Benzolringe ihre Form so um, dass sie Ethan-Moleküle in ihrem Inneren aufnehmen und einen gemeinsamen Kristall bilden können.

Die nächste Entdeckung waren die besagten Kristalle aus Acetylen und Butan. Die Forscher schließen aus ihrem Experiment, dass diese Kristalle auf dem Titan weit verbreitet sein müssten. Beweisen lässt sich dies vorerst aber noch nicht – da wird erst Dragonfly Aufschluss bringen können. (red, 14. 7. 2019)