Spielte ein letztes Mal in der Wiener Stadthalle auf: Mark Knopfler.

Foto: Derek Hudson

Der Unterschied ist leicht erklärt: Ein nicht amtsführender Stadtrat bekommt Money for Nothing, Mark Knopfler bekommt Money für "Money for Nothing". Für den Fall, dass Sie das schon immer wissen wollten.

Jetzt könnte man natürlich sagen, wie kommt der ehrenwerte Herr Knopfler dazu, in die Niederungen des Nepp-otismus (sic!) gezerrt zu werden, und da wird die Argumentation schwierig. Aber man kam halt ins Sinnieren, als sich Knopfler am Freitag vor rund 10.000 Fans in der Wiener Stadthalle offiziell, aber nicht immer übertrieben vital verabschiedete. Der 69-Jährige begibt sich nach dieser Tour in den Ruhestand — wobei, leicht fällt es ihm nicht, weil für Menschen Musik zu spielen, taugt ihm immer noch, hat er gesagt. Jubel im Saal.

Apropos "Money For Nothing". Das hat er natürlich gespielt, sonst wäre das Publikum ja nicht nach Hause gegangen. Das war der Welthit von 1985, vom Welthitalbum "Brothers in Arms". Sagen wir so: Wenn die Gitarrenriffs von Deep Purples "Smoke on The Water" für die 1970er-Jahre stehen, stehen jene von "Money For Nothing" für die 1980er. Ist so, ob es einem recht ist oder nicht.

Easy Rider im Toyota

Die Dire Straits mit Mark Knopfler als Mastermind definierten damals den Mainstream. Sie spielten aseptische Rockmusik. Musik für Jeansbügler, die mit 100 kmH auf den Mittelstreifen der Autobahn abonniert waren und sich in ihrem Toyota Corola wie Peter Fonda in "Easy Rider" fühlten. Auch eine Leistung. Eine von vielen. Denn Knopfler schien damals alles zu vergolden, was er angegriffen hat. Wer hat "Private Dancer" für Tina Turner geschrieben? Nur ein Beispiel von vielen.

Die Abschiedstournee ist dennoch kein Greatest-Hits-Programm. Denn Hits hatte er zu viele, um sie alle aufzuführen, und, das macht ihn sympathisch, sie sind ihm ein bisserl wurscht. Klar haben sie ihm eine Habenseite für mehrere Generationen eingebracht, aber Knopfler ging es immer mehr um die Musik als um die Kohle. Dire Straits haben sich 1995 aufgelöst und bekamen etliche Reunionanfragen, die er ausgeschlagen hat. Lieber nahm er mit Emmylou Harris Platten auf, spielte Folk-Musik oder ging mit seinem Haberer Bob Dylan auf Tour. Oder mit seiner Band.

Bescheidenes Wesen

Die eröffnete das Konzert mit dem hübschen "Why Aye Man" aus 2002 und legte das beschwingte "Corned Beef City" vom Album "Privateering" nach. Das klang wie eine unbekannte Perle der Travelling Wilburys. Mit "Once Upon A Time in The West" aus 1979 tauchten erstmals die Dire Straits in der Setlist auf, mit dem saxofonistischen "Romeo and Juliet" legte er nach — was für obligatorisches Geschmuse im bestuhlten Saal sorgte. Langsam öffnete sich der geborene Schotte, begann Anekdoten zu erzählen und stellte die zehnköpfige Band vor. Alles geprägt von einer uneitlen Bescheidenheit, die manchem Gottesmann gut anstehen würde. Denn Showman ist er keiner. Er stand da, schon ein bisschen klein, tat keinen Schritt zu viel und spielte seine Songs. Handwerklich natürlich 1a, von der Aktion her eher 4 minus, so eine Nomenklatur muss am Zeugnistag erlaubt sein.

Der Saal kämpfte bei so viel Unaufgeregtheit mitunter gegen die Lidschwere und mit dem Sauerstoffmangel im Blut, hielt aber durch. Zumindest bis zur ersten Zugabe, denn für nothing hatte man ja nicht Money gezahlt. Beim Intro zum Welthit erhob sich der Saal dann in einer ersten und letzten Kraftanstrengung, rentnerte forsch und gegen die Saalorder an die Bühne und fühlte sich noch einmal wie im Jahr 1985. Knopfler signalisierte Zuspruch für diesen Ungehorsam und spielte seine Goldriffs, während der Saal zivilisiert tobte. (Karl Fluch, 29.6.2019)