Der Satellit Pace der Nasa wird 2022 in den Orbit geschickt, um den Strahlungshaushalt der Meere zu vermessen. Wetter- und Klimamodelle werden davon profitieren.

Illustr. Nasa

Aus der Farbe des Meeres kann man vieles herauslesen. Die Analyse der absorbierten, reflektierten und gestreuten Strahlung im sichtbaren, infraroten und ultravioletten Bereich lässt auf gelöste Stoffe, Partikel und Plankton schließen – und damit auf Nahrungsketten, Kohlenstoffhaushalt und andere Ökosystemeigenschaften. Schon seit 1978, als die Nasa den Satelliten Coastal Zone Color Scanner in den Orbit schickte, wird die Meeresfarbe von der US-Raumfahrtbehörde vermessen. 2022 soll nun mit Pace (Plankton, Aerosol, Cloud, Ocean Ecosystem) ein Satellit starten, der den Strahlungshaushalt der Meere mit bisher ungekannter Genauigkeit vermessen und gleichzeitig einen Blick auf Partikel und Aerosole in der Atmosphäre werfen soll.

In Pace wird von den Nasa-Entwicklern auch Technik aus Österreich verbaut: Die Navigationsempfänger kommen aus Wien-Meidling. Für den dort ansässigen Zulieferer Ruag Space Austria ist es der erste Auftrag, der direkt von der Nasa kommt. "Normalerweise hat man dort sehr spezifische Vorstellungen zu Spezifikationen, was die gewünschten Bauteile und Prozesse betrifft. Die Nasa ist in diesem Fall auf uns zugegangen und hat die Empfänger praktisch unverändert gekauft", sagt Andreas Buhl. Der Manager übernahm Anfang des Jahres die Geschäftsführung von Ruag Space Austria, das Teil des Schweizer Technologieunternehmens Ruag ist.

Satellit nutzt Satellitensignal

Die Navigationsempfänger sind eine der Spezialisierungen der Meidlinger. Als Teil von Satelliten, die zum Zweck der Erdbeobachtung zumeist in einer Höhe von etwa 700 Kilometern die Erde umkreisen, nutzen die Geräte die Geonavigationssysteme GPS, Galileo und Co, um ihre Position zu bestimmen. Die Satelliten der Navigationssatellitensysteme selbst, die die zu empfangenden Signale aussenden, umkreisen die Erde dagegen in einer Höhe von 20.000 bis 25.000 Kilometern.

Anders als GPS-Chips, die Teil von Handys oder Autos auf der Erde sind, haben die Bauteile im All besonderen Anforderungen zu genügen, was Strahlungsresistenz und Langlebigkeit betrifft. Zudem ist gerade bei wissenschaftlichen Aufgabenstellungen eine hohe Genauigkeit vorteilhaft.

Die Geräte sind Doppelfrequenzempfänger, die also beide unterschiedlich kodierten Signale der Navigationssatelliten nutzen. Spezialisierte Rechenchips, hochempfindliche Antennen und maßgeschneiderte Filtertechniken kommen zum Einsatz. Rechenleistung sowie die – selbst im Haus entwickelten Algorithmen – werden laufend verbessert. "2017 waren wir bei der Genauigkeit bei der Echtzeit-Positionsbestimmung bei einem Meter, 2019 sind wir bei einem halben Meter, nächstes Jahr wollen wir bei 0,2 Metern sein", beschreibt Buhl die technische Entwicklung.

Einfluss des Erdmagnetfelds

"In der Nachbearbeitung der Daten am Boden können wir die Position der Satelliten zurzeit auf wenige Zentimeter genau bestimmen. Hier arbeiten wir daran, in den Subzentimeterbereich vorzudringen." Diese Präzision lässt beispielsweise zu, Einflussgrößen wie das Erdmagnetfeld oder die Gezeiten auf die Messdaten zu berücksichtigen.

Diese hochgenauen Empfänger eignen sich für die klassischen, "großen" Satelliten. Ein Trend geht allerdings in Richtung kleinerer Objekte, etwa sogenannter Nano-Satelliten. Das britische Unternehmen One Web möchte etwa Internetdienste mithilfe einer Konstellation von über 600 Kleinsatelliten in einem niedrigen Orbit anbieten, Space X aus den USA plant für ähnliche Zwecke gar knapp 12.000 Satelliten auszusetzen. "Diese Konstellationen sind ein möglicher Markt für Navigationsempfänger. Allerdings ist hier anstelle von höchster Präzision eine kostengünstige Herstellung wichtig. Wir haben mit der Entwicklung von einfacheren Single-Frequenz-Geräten bereits begonnen", erklärt Buhl.

Im Moment befinden sich 20 der High-End-Navigationsempfäger der Ruag im All. Aufträge für weitere 35 seien laut Buhl vorhanden. Beispielsweise wurden die Sentinel-Satelliten des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus mit Meidlinger Technik ausgestattet. Künftig wird auch der genaue Blick auf die Meere von Pace davon profitieren. (Alois Pumhösel, 30.6.2019)