Mit Demonstrationen und Lobbyismus hat sich das Taxigewerbe gegen Uber durchgesetzt. Der Verfassungsgerichtshof lehnt solchen Konkurrenzschutz ab.

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Mit der durchgepeitschten Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (GelVKG), die am Mittwoch im Nationalrat verabschiedet werden soll, kommt voraussichtlich ab 2020 das Ende für jene Mietwagenunternehmen wie Uber, die mit Apps arbeiten und je nach Dichte und Nachfrage die Tarife flexibel gestalten. Von dieser Lösung haben bisher Jugendliche, Geschäftsleute und Touristen profitiert, die auch künftig nicht zwingend zu Taxikunden werden dürften. Obwohl die zuständige Fachgruppe – bzw. der Fachverband auf Bundesebene – Qualitätsstandards sichern soll und alle Mitglieder vertritt, setzen die Taxivertreter darauf, die unliebsame Konkurrenz zu vernichten. Sie dürften nun mit der "Vereinheitlichung der Tarife" ihr Ziel erreichen, Uber und Co die Geschäftsgrundlage zu entziehen.

Wie die Bedarfsprüfung

Es fragt sich, ob ein bestehendes Gewerbe, das den Erwerbszweig und die Einkunftsquelle für mehrere Tausend Betroffene bildet, ohne einen Verstoß gegen die Verfassung einfach ausradiert werden kann. Im Effekt ist die Neuregelung aus Sicht der Erwerbsfreiheit ein ebenso schwerer Eingriff wie die einstige Bedarfsprüfung, die der Verfassungsgerichtshof im GelVGK und im Güterbeförderungsgesetz (VfSlg 11.483/1987) als verfassungswidrig aufgehoben hat.

Das GelVerkG von 1996 regelt vier "Nebengewerbe" und ist wie die Gewerbeordnung zu behandeln. Neben Ausübungs- und Prüfungsvorschriften gibt es vier konzessionierte Gewerbe, die zur Personenbeförderung ermächtigen. Außer Taxis und Mietwagen dürfen Ausflugsfahrer – etwa Stadtrundfahrten in einer Gemeinde – und Inhaber einer Kraftfahrlinienkonzession Gäste befördern. Alle einschlägigen Gewerbe sind reglementiert und konzessionspflichtig, also erst nach behördlicher Erlaubnis rechtens ausübbar. Eine Verfassungsbestimmung nimmt Fiaker von der Bundeszuständigkeit aus.

Konzessionspflichten sind im Lichte der Erwerbsfreiheit nur dann zulässig, wenn öffentliche Interessen diese rechtfertigen (VfSlg 19.767/2013). Es verwundert nicht, dass der VfGH nach Eliminierung der Bedarfsprüfung noch zweimal Spezialregelungen im GelVKG aufgehoben hat, nämlich 2002 und 2008.

Judikaturwende vor 35 Jahren

In der Bundesverfassung ist das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit in Art. 6 StGG verankert. Lange Zeit wurden die Worte "unter den gesetzlichen Bedingungen (...) frei ausüben" so interpretiert, dass der Gesetzgeber nach Belieben in das Grundrecht eingreifen durfte, solange er die Form eines Gesetzes wahrte. Das betraf die damals bereits bestehende Gewerbeordnung. Doch vor rund 35 Jahren leitete der VfGH mit dem Schrottlenkungserkenntnis VfSlg 10.179/1985; VfSlg 11.625/1987) eine Judikaturwende ein. Seither ist klar, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber materiellen Schranken unterliegt.

Der VfGH prüft seither immer genauer nach, ob in den Gesetzesmaterialien öffentliche Interessen tatsächlich durch geeignete Maßnahmen verfolgt werden – oder ob es sich womöglich um protektionistische Regulative handelt, die vor Konkurrenz schützen sollen, aber zum Schutz der Konsumenten, der Umwelt oder der Verkehrssicherheit gar nicht erforderlich wären.

Die GelVerkG-Novelle müsste demnach wichtigen öffentlichen Interessen dienen, zur Zielerreichung erforderlich und auch verhältnismäßig in den gewählten Mitteln sein. Genau diese Voraussetzung ist aber für den objektiven Beobachter nicht erkennbar.

Wen stört die Flexibilität?

In der oben zitierten Judikatur konnte der VfGH nicht nachvollziehen, dass Bedarfsprüfungen der Verkehrssicherheit – sprich der Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs, wie es in der Straßenverkehrsordnung heißt – dienen sollten. So ähnlich könnte es auch mit Fixtarifen und ähnlichen Modalitäten des GelVerkG sein. Das Interesse des Konsumentenschutzes allein kann Fixtarife nicht rechtfertigen, weil sich die betroffenen Kundenkreise längst an dieses Modell gewöhnt haben und dieses ganz bewusst wählen, um Geld für Fahrtkosten zu sparen. Dass sich eine maßgebliche Zahl von Kunden durch das flexible System über den Tisch gezogen fühlte, kann nicht belegt werden.

Der "Schutz" gilt nicht den Kunden, sondern den Taxifahrern. Dabei handelt es sich aber um kein öffentliches Interesse in einem marktwirtschaftlichen System. Konkurrenzschutz ist allerdings aus Sicht des VfGH verpönt.

Fazit: Wenn der Gesetzgeber eine bestehende Erwerbstätigkeit in der Substanz zerstört, wird das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verletzt. Die Chancen für einen erfolgreichen Antrag beim VfGH, die Novelle für verfassungswidrig zu erklären, stehen nicht schlecht. (Gerhard Strejcek, 1.7.2019)