Fettreiche Milchprodukte wie zum Beispiel Butter enthalten zwar einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, sie sind jedoch reich an wichtigen Nährstoffen und sollten nicht pauschal gemieden werden.

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Gesättigte Fettsäuren werden meist mit einer ungesunden Ernährung und einer Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht. Diese gesättigten Fette sind häufig in tierischen Lebensmitteln sowie Fertigprodukten enthalten und haben einen dementsprechend schlechten Ruf.

In den Richtlinien für gesättigte- und Trans-Fettsäuren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2018 wird empfohlen, möglichst wenige gesättigte Fettsäuren aufzunehmen und diese durch (mehrfach) ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen.

Einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren finden sich in großen Mengen in verschiedenen Pflanzenölen, Fisch und Nüssen. Vor allem vermeidbare Tode durch kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck, Gefäßverkalkung, Herzinfarkt oder Schlaganfall sollen durch diesen Austausch verringert werden. So der Konsens der WHO. Auch das unabhängige Cochrane-Netzwerk hat in einer Meta-Analyse der verfügbaren qualitativ hochwertigen Studien einen gesundheitlichen Vorteil ungesättigter Fettsäuren festgestellt.

Kritik an Leitlinie

Die WHO-Empfehlung zu gesättigten Fettsäuren wird nun durch eine umfassende Expertenanalyse unter der Leitung von Arne Astrup infrage gestellt. Astrup ist Leiter des Departements für Ernährung, Bewegung und Sport an der Universität von Kopenhagen. Die Analyse erschien im Fachmagazin "British Medical Journal".

Die Experten bemängeln, dass in der Richtlinie der WHO pauschal alle gesättigten Fettsäuren verteufelt werden, anstatt die unterschiedliche Fettsäurezusammensetzung in spezifischen Lebensmitteln zu bewerten. Laut den Experten würden so gewisse Nahrungsmittel als ungesund eingestuft werden, die eigentlich einen wichtigen Bestandteil in einer ausgewogenen Ernährung bilden.

Die Empfehlung der WHO, Trans-Fettsäuren aus Fertigprodukten zu meiden, wird von den Experten aber weiterhin unterstützt, da es hier genügend wissenschaftliche Beweise für potenzielle Gesundheitsrisiken gebe. Bei den gesättigten Fettsäuren sehe das aber anders aus.

Einseitige Sicht

Die Forscher wünschen sich deshalb eine nahrungsmittelbasierte Übersetzung der Fettrichtlinien, um eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten. Gesättigte Fettsäuren seien in einem breiten Spektrum von Lebensmitteln enthalten – bei weitem nicht alle davon seien ungesund.

"Wir denken, dass Empfehlungen zur Reduktion der Gesamtaufnahme an gesättigtem Fett ohne Beachtung der spezifischen Fettsäuren und der Nahrungsmittel nicht evidenzbasiert sind und von anderen, effektiveren, lebensmittelbasierten Empfehlungen ablenken" argumentieren die Experten. Die WHO-Leitlinie sei ihnen zu einseitig.

Durch die Reduktion oder den kompletten Ausschluss gesättigter Fette aus dem Speiseplan könnten wichtige Nährstoffe in der Ernährung fehlen, was wiederum negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnte.

Wichtige Nährstoffe

Ein gutes Beispiel seien hier etwa Milchprodukte, die zwar viele gesättigte Fette enthalten, jedoch einen wichtigen Beitrag als Calcium-Lieferanten und Proteinquelle für einen großen Teil der Bevölkerung leisten. Auch fette Milcherzeugnisse wie Käse und Butter können somit zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen.

Auch Eier und Fleisch werden häufig aufgrund ihrer Fettsäurezusammensetzung gemieden. Laut den Experten enthalten diese Lebensmittel jedoch wichtige Nährstoffe und Vitamine und sollten somit nicht gänzlich aus dem Speiseplan gestrichen werden. Werden diese Nahrungsmittel ohne einen entsprechenden Ersatz aus der Ernährung ausgeschlossen, kann es mitunter zu Mangelerscheinungen kommen.

Vertrauen in WHO

Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation bilden oftmals die Grundlage der Ernährungsempfehlungen ganzer Länder. Viele Regierungen verlassen sich darauf, dass hier die neuesten Erkenntnisse aufbereitet werden. Die wissenschaftliche Richtigkeit und das Einbeziehen aller vorliegenden Quellen sei somit von großer Wichtigkeit bei der Erstellung der Empfehlungen. So auch bei der Fettleitlinie.

"Wir sorgen uns, basierend auf jahrelanger Erfahrung, dass der Fokus auf die Gesamtheit an gesättigtem Fett möglicherweise die unbeabsichtigte Konsequenz mit sich bringt, Regierungen, Konsumenten und Industrie fälschlicherweise dazu zu bewegen, Lebensmittel mit wenig gesättigten Fettsäuren, dafür mit hohem Anteil an raffinierter Stärke und Zucker zu bewerben". (red., 5.7.2019)