Hitzewellen und Fridays for Future prägen diesen Sommer. Der Herbst bringt ein Klimavolksbegehren.

foto: der standard/reinhilde becker

Nicht nur der heißeste Juni seit Messbeginn, sondern auch die wöchentlichen Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung haben den Klimawandel besonders in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. In Interviews müssen sich derzeit fast alle österreichischen Politikerinnen und Politiker nach den Klimaschutzbemühungen ihrer Partei fragen lassen. Vergangene Woche wurde zudem das österreichische Klimavolksbegehren, das umfassende politische Klimaschutzmaßnahmen forcieren soll, offiziell präsentiert.

Lange Zeit galt Österreich in Europa als Vorreiter in Sachen Umwelt- und Klimaschutz. Diese Position hat es jedoch durch hohe Treibhausgasemissionen mittlerweile eingebüßt. Die Reduktionsziele des Kioto-Protokolls konnten beispielsweise nur durch den Zukauf von Emissionsrechten erreicht werden. Das Klimavolksbegehren unternimmt einen Anlauf, um dies zu ändern. Die Initiatoren fordern, ein Bekenntnis zum Klimaschutz in die österreichische Verfassung aufzunehmen, die Emission klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2040 zu stoppen, eine ökosoziale Steuer- und Abgabenreform einzuleiten sowie die ökologisch und sozial nachhaltige Umgestaltung von Verkehr und Energie anzugehen.

Faktoren, die zum Erfolg führen

In einem ersten Schritt, dem sogenannten Einleitungsverfahren, müssten mindestens 8.401 Unterstützungserklärungen (mehr als ein Promille der österreichischen Gesamtbevölkerung) für das Klimavolksbegehren gesammelt werden. Sollte dies gelingen und dem anschließenden Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens stattgegeben werden, benötigt das Klimavolksbegehren im Eintragungsverfahren 100.000 Unterschriften (inklusive allfälliger Unterstützungserklärungen aus dem Einleitungsverfahren), um im Nationalrat als Gesetzesinitiative behandelt zu werden.

Zentral für den Erfolg eines Volksbegehrens und das Erreichen der nötigen Unterstützerzahl sind mehrere Faktoren. Hierzu zählen beispielsweise die mediengerechte Kommunikation der zentralen Botschaft(en), die Emotionalisierung des jeweiligen Themas und die wahrgenommene persönliche Betroffenheit der Bevölkerung sowie das Zusammenspiel dieser Faktoren. Das Klimavolksbegehren verfügt über vier zentrale Forderungen, deren mediale Kommunikation jedoch erst begonnen hat und sich daher noch nicht beurteilen lässt. In Bezug auf die weiteren Punkte bringt das Klimavolksbegehren keine allzu schlechten Voraussetzungen mit: Die öffentliche Aufmerksamkeit und das Bewusstsein für den Klimawandel sind derzeit so hoch wie lange nicht mehr.

Das zeigt beispielsweise die ORF-Wahltagsbefragung zur EU-Wahl im Mai 2019, in der Umwelt- und Klimaschutz und Zuwanderung als im Wahlkampf durch die Befragten diskutierte Themen gleichauf lagen. Aufgrund der großen Aufmerksamkeit und des erhöhten Bewusstseins könnte das Klimavolksbegehren die nötige Unterstützerzahl erreichen. Das eigentlich abstrakte Thema Klimawandel ist sehr emotionalisiert. Ein weiterer Hitzesommer könnte die empfundene Betroffenheit der Bevölkerung noch erhöhen.

Erste Schritte im Herbst 2019

Das Nichtrauchervolksbegehren hat allerdings gezeigt, dass wissenschaftlicher Konsens und weitreichende gesellschaftliche Unterstützung nicht zwingend Garanten für eine Entscheidung des Nationalrats im Sinne des jeweiligen Volksbegehrens sind. Zwar muss sich der Gesetzgeber mit der Materie befassen, aber Volksbegehren sind nicht bindend und die Forderungen müssen von den Abgeordneten im Nationalrat nicht umgesetzt werden.

Sollte das Volksbegehren, das im Herbst 2019 starten soll, die nötigen Unterstützerinnen und Unterstützer im Einleitungsverfahren und im Eintragungsverfahren erreichen, würde die Entscheidung über die Umsetzung der Inhalte des Klimavolksbegehrens letztlich von den Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat sowie von der Zusammensetzung der im Herbst 2019 zu wählenden nächsten Regierung und ihrem politischen Willen abhängen. Jedoch könnte ein Volksbegehren – gerade im Kontext der Nationalratswahlen 2019 – zumindest durch politische Sensibilisierung, Interessen- und Themenartikulation sowie die Mobilisierung der Wahlbevölkerung indirekt politischen Druck auf die Parteien aufbauen. (Andrea Tony Hermann 2.7.2019)