Simon Kotvojs kocht wieder für die Mochis – in der Kikko Ba, wo früher das Côté Sud in der Schleifmühlgasse war.

Gerald Wasserbauer

Innen noch glasig, außen knusprig: kapitale, in Engelshaar gepackte und frittierte Wildgarnele.

Gerald Wasserbauer

Pop-up, ja eh. Die Idee, scharfen Gastronomen aufgelassene Gassenlokale, leere Remisen oder abgewohnte Villen zu überlassen, damit sie bis zur Gentrifizierung die Sau auf experimentelle Art rauslassen, spitze Ideen testen oder einfach nur eine tolle Location für leistbare Partys öffnen, hat viel für sich, gerade in Zeiten explodierender Immobilienpreise. Wenn es aber zur billigen Ausrede gerät, um sich zum Weihnachtsgeschäft mit schamlos kalkulierten Menü-Abspeisungen zu sanieren oder ein paar schick gepanschte Schnäpse vor geiler Aussicht als Cocktails zu verhökern, dann wird das Publikum das schnell merken. Wobei, nicht bei uns.

Edi Dimant und Tobi Müller vom Mochi kann man diesen Vorwurf jedenfalls nicht machen. Während sie im Stammhaus an der Praterstraße eine sichere Nummer schieben, die Karte seit dem Aufsperren kaum verändert haben und (auch deswegen?) die heißestgeliebten Gastronomen der Hauptstadt sind, zeigen sie jetzt in der Schleifmühlgasse, wie Pop-up geht.

Naturwein

Um aus dem ehemaligen Côté Sud die Kikko Ba zu machen, wurde das Lokal in Eigenregie ein bissl aufgefrischt, Simon Kotvojs für die Küche zurückgeholt, ein paar Weine wurden ins Regal gestellt, wie sie die Mochis selbst gern trinken. Die kommen, wenig überraschend, von einigen unserer international meistgefragten Naturweinmacher – also jenen Mädels und Buben, die es schaffen, ihre trüben Tropfen nicht nur in den weltbesten Wirtshäusern von Bangkok, London oder Kopenhagen zu platzieren, sondern sogar in Paris oder Lyon.

Die Weine gibt es glasweise. Wer es seinen Lieblingswirten nachmachen will, ordert aber die ganze Flasche. Ist auch deswegen eine gute Idee, weil die Snacks so ziemlich das Schärfste sind, was man dieser Tage in Wien bekommt, um den Trinkfluss anzuregen. Katsu Sando zum Beispiel, das japanische Milchbrotsandwich mit saftig dickem Knusperschnitzel, Mayo-Krautsalat und Katsu-Sauce (einer grauenhaft guten Sauce aus Zucker, Ketchup, Worcester- und Oystersauce, die sich die Japaner über ihre Tonkatsu-Schnitzel kippen), geht nicht zufällig seit Monaten durch die Instagram-Decke, sobald David Chang oder sonst ein Über-Chef seine Version davon postet. Ist echt auf sehr dreckige Art köstlich: Zwischen zwei Weichscheiben kaum getoasteten Milchbrots wird ein dickes, mit Panko paniertes Schweinskarree und mit reichlich japanischer Mayo vermengtes Kraut gepackt. Wie Schnitzelsemmel, nur halt um Zehnerpotenzen geiler – und gutaussehend noch dazu.

Köstlicher Unsinn

Oder die kapitale, in Engelshaar gepackte und frittierte Wildgarnele (siehe Bild): Kopf abreißen und auszuzeln, dann in die innen noch glasige, außen knusprig umhüllte Garnele beißen – ein Meeresflash der hierorts seltenen Art, dank fermentierten Chilis und einer Idee Honig auch im eigentlichen Sinne scharf. Dicke Würfel von der Goldbrasse werden mit Limette, Koriander und Radieschen zu Ceviche. Knusprig gebratener Oktopus bekommt rauchige Mojo rojo aus Grillpaprika, Knoblauch und Olivenöl zur Seite gestellt. Knusprige, innen cremige Erdäpfel werden mit essigsaurer japanischer Currysauce und Mayo garniert – Patatas bravas der pikanten Art, will man alles haben.

So geht es dahin. Kein Teller kostet mehr als zehn Euro, die meisten deutlich weniger. Das Programm wechselt ständig, dauernd werden neue Dinge ausprobiert: Genau dafür wünscht man sich ein Pop-up. Vorerst ist es auf vier Monate angesetzt, bis dahin haben die Mochi-Buben sicher längst eine andere Idee, wie man den Platz für gastronomischen Unsinn der hinreißend köstlichen Art nutzen kann. Damit uns nur ja nicht fad wird! (Severin Corti, 5.7.2019)