Kann es sein, dass die "Krone", in den Augen vieler noch immer Österreichs einflussreichste Zeitung, einen neuen, gemäßigteren Kurs fahren will?

Es gibt entsprechende Signale. Jetzt wurde Richard Schmitt, Chefredakteur der Online-Ausgabe und als solcher "Berater des Herausgebers" (eigene Funktionsbezeichnung), von diesem Posten abgelöst und wird sich um die viel kleineren Streaming-Aktivitäten kümmern. Schmitt wurde ein Opfer seiner eigenen Identifikation mit der FPÖ. Nicht, dass die Krone nicht seit Jahrzehnten pro FPÖ gewesen wäre, aber die Online-"Krone" legte noch eins drauf. Das war – nach Ibiza – zu viel.

Das Gebäude der 'Kronen Zeitung' in der Muthgasse in Wien-Heiligenstadt.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Die Krone und ihre Eigentümerfamilie stehen von zwei Seiten unter Druck. Einerseits durch die unfassbar dumme Übernahmefantasie von Strache. Das zwingt zu einer Frontstellung gegenüber der FPÖ, deren Wähler in sehr hohem Maße auch "Krone"-Leser sind. Andererseits – viel ernster – durch die Beteiligung des Immobilien-Tycoons René Benko, der Eigentümer, Chefredakteur und Geschäftsführer Christoph Dichand hinausdrängen will. Im Hintergrund steht Ex-Kanzler Sebastian Kurz, der sicher nichts dagegen hat, wenn Benko die Zeitung übernimmt (um es milde zu formulieren).

Neue Mäßigung

In dieser Situation kann man Verbündete brauchen. Die "Krone" sendet Signale neuer Mäßigung aus. Die großen innenpolitischen Analysen nimmt der renommierte Politikwissenschafter Peter Filzmaier in durchaus aufklärerischer Manier vor. Der innenpolitische Kommentator Claus Pándi erklärt die FPÖ für "nicht regierungsfähig". Der geschäftsführende Chefredakteur Klaus Hermann gibt dem STANDARD ein Interview, in dem er von STANDARD-Medienredakteur Harald Fidler gefragt wird, ob man gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen Ressentiments schüren, Persönlichkeitsrechte hintanstellen und die Spaltung der Gesellschaft vertiefen muss, um ein Massenblatt zu sein.

Hermann: "Nein, das muss nicht sein." Warum macht die Krone dann das? Hermann: "Da passiert manchmal was. Wir werden damit viel behutsamer und vorsichtiger umgehen. Wir beschäftigen uns intensiv mit uns und unserer künftigen Rolle."

Selbstreflexion bei der "Krone"? Beim "Zentralorgan der Gegenaufklärung", wie sie einmal genannt wurde, beim Kampfblatt des Rechtspopulismus?

Wobei zu sagen ist, dass die "Krone" ja bereits einen gewissen Weg hinter sich gebracht hat. Eine Kolumne wie die von "Staberl" vor circa 30 Jahren, in der erklärt wurde, die Juden seien ja gar nicht vergast worden, sondern einfach so umgekommen – "wie unsere Kriegsgefangenen" -, könnte heute nicht mehr erscheinen. Vielleicht auch nicht mehr eine wie die von Jeannée von vor ein paar Jahren: Wer alt genug zum Stehlen sei, sei auch alt genug zum Sterben (ein 14-Jähriger wurde von einem Polizisten erschossen).

Wenn die "Krone" sich zu einer durchaus (rechts)populistischen Zeitung, aber ohne die Extraportion Hass und Hetze, wandelt, dann wäre das ein enormer Fortschritt für das Land. Ob eine Art "guter Populismus" gelingen kann, ist ein spannendes Experiment. (Hans Rauscher, 3.7.2019)