Graeme Struthers ist Mitgründer von Indie-Games-Publisher Digital Devolver.

Foto: Devolver Digital

STANDARD: Devolver wird zehn Jahre alt. Wie würden Sie die vergangenen zehn Jahre beschreiben?

Struthers: Zuerst einmal muss ich sagen, dass es sich nicht so anfühlt, als wären bereits zehn Jahre vergangen. Verrückt, wie schnell die Zeit vergeht. Es war auf jeden Fall sehr viel harte Arbeit, gleichzeitig aber die beste Zeit unseres Lebens. Diese Reise war bislang ziemlich toll, und es wird uns auf jeden Fall noch länger geben.

STANDARD: Würden Sie heute etwas anders machen?

Struthers: Wir haben in den vergangenen zehn Jahren viel gelernt und gleichzeitig darauf geschaut, dass wir von den unterschiedlichen Lektionen möglichst viel mitnehmen. Gleichzeitig macht Devolver aus, dass wir unsere Chancen einfach wahrnehmen. Ich denke also, dass alle Entscheidungen – auch die schlechten – dazu beigetragen haben, wo wir nun stehen.

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STANDARD: Devolver Digital ist für zwei Dinge bekannt: außergewöhnliche Indie-Games und eine gewisse rebellische Art. Welcher Ruf ist schwieriger zu halten?

Struthers: Die Spiele kommen von kreativen Genies, die mit uns arbeiten. Wir aalen uns nur in ihrer Herrlichkeit – ihnen steht also die ganze Anerkennung zu, nicht uns. Wenn die Entwickler also weiterhin mit uns arbeiten wollen, werden wir unseren "außergewöhnlichen" Ruf wohl behalten. Die ehrliche Antwort auf die zweite Frage ist, dass wir einfach so sind. Wir machen Dinge auf unsere Art und müssen dafür niemandem Rede und Antwort stehen. Wir wissen, dass wir sehr viel Glück haben, in dieser Situation zu sein.

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STANDARD: Wieso eigentlich die bizarren E3-Pressekonferenzen? Wer hatte die Idee?

Struthers: Wenn Sie sie gut finden, war es meine Idee. Wenn nicht, dann war es die Idee von Co-Gründer Nigel Lowrie. Spaß beiseite: Nigel ist überall dort beteiligt, wo es um PR und Marketing geht. Er ist der Kluge und Gutaussehende.

STANDARD: Würden Sie sagen, dass es heute schwieriger geworden ist, Aufmerksamkeit für ein gutes Indie-Game zu lukrieren?

Struthers: Je mehr gute Inhalte es gibt, umso schwieriger wird es, Zeit dafür zu finden. Das kann man auch bei Netflix, HBO, Musik und Kino sagen. Spiele sind nicht anders. Die Herausforderung ist, Menschen zu erreichen, die an einem Projekt interessiert wären – und diesen aufzuzeigen, dass es dieses gibt. Natürlich ist das eine Challenge, meiner Meinung nach war das aber immer schon so.

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STANDARD: Zu ihrem Portfolio gehören Hotline Miami, das ziemlich blutig ist, und Weedcraft Inc. – ein Game, bei dem es um Cannabis geht. Welches der beiden Spiele hat mehr negative Aufmerksamkeit auf sich gezogen?

Struthers: Gute Frage. Ich versuche generell all diese negativen Sachen auszublenden, weil ich denke, dass es nichts bringt, wenn man sich darauf konzentriert. Wenn Spieler und Medien ein Spiel kritisieren, dann ist das cool, weil sie, so weit es geht, objektiv sind. Wenn es nur um Blabla im Netz geht, kann man das getrost dort lassen, wo es herkommt. Hotline Miami war ein kulturelles Phänomen und findet nach wie vor neue Fans. Die Reaktion war außergewöhnlich positiv. Weedcraft Inc. hingegen hat aufgrund der Drogen polarisiert. Für uns ist das Wichtigste, dass beide Spiele in ihren Genres verdammt gute Games sind.

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STANDARD: Nehmen wir an, dass ich ein Indie-Entwickler bin. Was muss ich tun, damit Sie mein Publisher werden?

Struthers: Es hilft auf jeden Fall, wenn Sie unserem CEO einen Scheck zukommen lassen. Spaß beiseite: Wir sind alle Gamer und immer auf der Suche, unterhalten zu werden und mehr zu einem Spiel zu erfahren. Wir wissen im Grunde nicht, was sich gut verkaufen wird, und ich denke, dass wir nicht einmal wirklich wissen, wonach wir auf der Suche sind, wenn man sich unser Spektrum von Hatoful Boyfriend, Gris bis Hotline Miami und My Friend Pedro ansieht. Für uns zählen wohl das Gameplay und die Vision sowie die überzeugende Idee des Machers.

STANDARD: Wie hat sich der Job des Publishers über die vergangenen zehn Jahre verändert?

Struthers: Ich kann das nur in Bezug auf Devolver beantworten. Wir sehen unsere Rolle darin, dass wir Künstlern dabei helfen, etwas zu erschaffen. Alles muss sich darum drehen. Das Geschäft sowie Publishing, Produktion, PR und Marketing kommt danach.

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STANDARD: Was macht zuletzt einen guten Publisher aus?

Struthers: Jedem das zahlen, was man ausgemacht hat, ist einmal ein guter Start. Der Publisher sollte zudem mindestens einen Liverpool- und Green-Bay-Packers-Fan aufweisen. Dann ist man in guten Händen. (Daniel Koller, 6.7.2019)