Dichtgedrängt bewegen sich Reisegruppen Richtung Altstadt. Das sorgt für Ärger bei Bewohnern.

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Salzburg – Der Makartsteg über der Salzach, die Dombögen und die Getreidegasse vor Mozarts Geburtshaus sind Touristenhotspots und Nadelöhre. Wenn ganze Besuchergruppen Brücken und Gassen verstopfen, platzt manchen Einheimischen der Kragen. Immer öfter würden Bewohner Touristen beschimpfen, manche zeigen ihnen den Stinkefinger, schildert die Fremdenführerin und Branchenvertreterin Inez Reichl-de Hoogh die Konfliktsituationen.

Unfair findet die Sprecherin der rund 200 Salzburger Fremdenführer, dass das Problem von der Politik auf sie abgewälzt werde. Denn die heimischen gemeldeten Fremdenführer würden sich an Regeln halten, Engstellen meiden und die maximale Gruppengröße von 25 Personen einhalten. Das Problem seien Reiseleiter, die mit den Bustouristen mitreisen. "Ich warne schon seit Jahren davor. Bei chinesischen Gruppen hat die Stadt Salzburg bereits den Ruf, dass nicht kontrolliert wird. Das Resultat sehen wir nun", betont Reichl-de Hoogh.

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Der Makartsteg mit seinen Liebesschlössern ist ein Touristen-Nadelöhr zwischen Mirabellgarten und Getreidegasse.
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Hose runterlassen vor dem Mozarthaus

Die Stadt müsse Regeln, auf die man sich geeinigt habe, auf deren Einhaltung auch kontrollieren, fordert die Branchenvertreterin. Derzeit sei etwa die Obergrenze für die Gruppengröße nur eine Empfehlung, die nicht exekutiert werde. Gleichzeitig schlägt Reichl-de Hoogh ein Serviceteam in der Stadt vor. Denn die geführten Reisegruppen würden nur 13 Prozent ausmachen. Viele Touristen seien individuell unterwegs.

"Darunter sehr viele Leute, die sich nicht benehmen können. Die Poltergruppen sind ein Krampf", sagt die Fremdenführerin. Mit dem Bayernticket würden etwa viele bayerische Poltergruppen anreisen. "Mit der Mozart-Perücke ziehen die sich vor dem Geburtshaus die Hose runter, und dann soll man auf der Pobacke unterschreiben, das ist der Gag", erzählt die Fremdenführerin. "Das sind Dinge, die passieren, und das wird mehr." Auch die Gäste, die die Stadt genießen wollen, würden sich darüber beschweren.

Sie verstehe den Ärger der Bewohner. "Die Salzburger sehen keinen Unterschied zwischen den Reiseleitern, die von weither mitkommen. Denen ist das egal, was in der Stadt passiert." Natürlich seien die Bewohner erbost, wenn es kein Durchkommen im Alltag mehr gebe. Als Beispiel nennt sie die Schanze beim Justizgebäude, über die viele Besuchergruppen vom Busterminal im Nonntal in das Kaiviertel und die Altstadt kommen. "Der geteilte Raum mit den Fahrradfahrern dort ist sehr gefährlich", sagt die Fremdenführerin.

Busausstieg im Kreisverkehr

Dafür lobt sie das neue Bus-Slotsystem. 60 Prozent der Busse werden nun auf den Terminal in Nonntal geleitet. Nur müsste auch hier die Einhaltung kontrolliert werden. Zuletzt habe Reichl-de Hoogh einen Bus gesehen, aus dem Touristen mitten im Kreisverkehr auf dem Rehrlplatz ausgestiegen sind. Als sie dies der Polizei meldete, sei nichts geschehen.

Der Busterminal in der Paris-Lodron-Straße steht weiterhin in der Kritik. Die Bürgerliste möchte ihn ganz abschaffen. Bürgermeister Harald Preuner ist von seinem Slotsystem überzeugt.
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Die Evaluierung des Onlinebuchungssystems für Reisebusse war am Mittwoch auch Thema im Gemeinderat. Dass am Wochenende ein verspäteter Reisebus das ganze Slotsystem zusammenbrechen ließ, sei eine Ausnahmesituation gewesen, versicherte Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP). Weil alle Parkplätze belegt waren, habe ein Reiseleiter den Bus einfach umgeleitet. "Das kann so nicht gehen, dass sich die Fremdenführer solche Späßchen erlauben", sagt Preuner. Er lasse sich das Slotsystem nicht kaputtmachen. Bei Verstößen gebe es für die säumigen Busse später einfach keinen Platz mehr. Um das Parkverbot für Reisebusse zu überwachen, soll ein privater Wachdienst beauftragt werden. Die Stadt werde das ausschreiben.

Die SPÖ forderte anlässlich der Vorfälle ein Tourismuskonzept, das mehr Aspekte als nur Nächtigungszahlen enthält. Die Bürgerliste will dabei auch die Bürger einbinden und verlangt, den Reisebusterminal in der Paris-Lodron-Straße zu schließen. (Stefanie Ruep, 4.7.2019)