Am Dienstag wurde auch in Wien für Carola Rackete demonstriert.

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Rom – Die Staatsanwaltschaft von Palermo hat eine Ausweisung der Sea-Watch-3-Kapitänin, Carola Rackete, verweigert. Die deutsche Kapitänin soll demnach bis zum 9. Juli in Italien bleiben. An diesem Tag soll sie im sizilianischen Agrigent von den Staatsanwälten befragt werden, die gegen sie wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermitteln.

Der Präfekt von Agrigent hatte am Dienstag auf Druck des italienischen Innenministeriums einen Ausweisungsbefehl für die Kapitänin erlassen. Der Befehl muss jedoch von einem Zivilgericht von Palermo bestätigt werden. Angesichts des Widerstands der Staatsanwaltschaft kann die Kapitänin vorerst nicht ausgewiesen werden.

Rackete an geheimem Ort

Unterdessen ist Rackete aus Sicherheitsgründen abgetaucht. "Es gab einige generelle Drohungen gegen Carola", sagte ein Sprecher von Sea-Watch. "Deshalb haben wir sie an einen geheimen Ort gebracht. Über ihre weiteren Reisepläne werden wir uns nicht äußern."

Die 31-Jährige hatte mit dem Schiff Sea-Watch 3, auf dem sich 40 Flüchtlinge befanden, trotz eines Verbots der Behörden im Hafen von Lampedusa angelegt und beim Anlegemanöver unabsichtlich ein Boot der italienischen Behörden an die Kaimauer gedrängt.

Eine Richterin in Sizilien urteilte am Dienstag aber, Rackete habe nicht gegen das Gesetz verstoßen und auch keine Gewalttat begangen. Vielmehr habe sie ihre Pflicht erfüllt, Menschenleben zu schützen.

Rackete könnte damit nur noch wegen Beihilfe zu illegalen Immigration angeklagt werden. Innenminister Matteo Salvini hatte erklärt, er habe auf eine härtere Reaktion der italienischen Justiz gehofft. Er werde Rackete so rasch wie möglich ausweisen.

In Wien demonstrierten am Dienstagabend Hunderte für die Freilassung von Carola Rackete.
DER STANDARD

1,5 Millionen Euro Spenden

Bis Mittwochnachmittag sind bei zwei Spendenaktionen für Rackete und Sea-Watch insgesamt rund 1,5 Millionen Euro zusammengekommen. Sea-Watch möchte mit anderen im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen besprechen, wie das Geld eingesetzt werden soll.

Wegen der Politik der "geschlossenen Häfen", die Italien seit über einem Jahr in Sachen Einwanderung systematisch betreibt, mussten rund 2.500 Migranten insgesamt 165 Tage lang an Bord von Rettungsschiffen ausharren. Seit Juni 2018 sei es in 19 Fällen zu einem Tauziehen zwischen Italien und NGO-Schiffen gekommen, berichtete die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) am Mittwoch in Rom.

Kritik an "Kriminalisierung"

Die Organisation bemängelte, dass durch die "Kriminalisierung" von Rettungseinsätzen im Mittelmeer die Leiden von ohnehin schon schwachen Menschen verlängert worden seien. Auch Handels- und Militärschiffe seien davor abgeschreckt worden, Migranten in Seenot zu retten.

Seit Anfang 2019 seien lediglich an 60 Tagen NGO-Schiffen im Mittelmeer unterwegs gewesen. "Jede sechste Migrantenabfahrt erfolgte in Abwesenheit von NGO-Schiffen im Mittelmeer", rechnete der MSF-Sprecher in Italien Marco Bertotto vor. Damit sei klar, dass Migrantenabfahrten auch ohne die Anwesenheit von Rettungsschiffen erfolgen, so MSF. Die italienische Regierung argumentiert damit, dass ihre Politik zu einem Rückgang der Überfahrten geführt habe. (APA, red, 3.7.2019)