"Krone" vor Gericht: links Andreas Urban, Funke-Eigentümervertreter bei der "Krone", und die Anwälte Markus Piuk und Thomas Wenger. Rechts vorn "Krone"-Gesellschafter und -Chefredakteur Christoph Dichand, die Anwälte Christian Tassul und Alexander Singer sowie ein Konzipient.


Foto: Robert Newald

Vor dem Handelsgericht Wien ging es am Mittwoch um nichts weniger als den Rauswurf von Krone-Chefredakteur Christoph Dichand. Die deutschen Mitgesellschafter von Österreichs größter und mächtigster Zeitung betreiben die Entlassung ihres Mitgesellschafters wegen Spesenvorwürfen (die er zurückweist) – in einer Gesellschafterversammlung im März etwa und nun vor Gericht.

Das Ergebnis von knapp zwei Stunden Verhandlung in groben Zügen: Dichand wird wohl noch eine Zeit Chefredakteur bleiben. Denn die Sache ist so weit entfernt von einfachen Lösungen wie der seit Jahrzehnten schwelende bis tobende Konflikt der Krone-Gesellschafter. – Das sind, mit jeweils 50 Prozent der Anteile am Kleinformat, die Gründerfamilie Dichand und die deutsche Mediengruppe Funke. Die Funkes haben 2018 zum Ärger der Dichands auch noch den österreichischen Immobilienmilliardär René Benko an Bord geholt.

Was macht die Sache so kompliziert? Als die Funke-Gruppe 1987 bei der Krone einstieg, vereinbarte man Vorrechte für die Dichands: Sie bestimmen im Wesentlichen die Führung der Redaktion. Sie geben den Kurs vor im gemeinsamen Verlag mit dem Kurier, der Mediaprint. Und sie bekommen einen garantierten Gewinn, unabhängig vom Geschäftsgang der – damals noch eine Gelddruckmaschine – Krone.

Wie viel die sogenannte Rahmenvereinbarung den Dichands garantiert, zitierte Funke-Anwalt Thomas Wenger vor dem Handelsgericht: Zunächst 60 Millionen Schilling pro Jahr, später wurden 100 Millionen Schilling pro Jahr vereinbart – also rund 7,3 Millionen Euro, für die notfalls die Funkes geradestehen müssen.

Schiedsrichter oder Handelsrichter?

Die Rahmenvereinbarung aus dem Jahr 1987 sieht auch vor, dass Schiedsgerichte Streit der Krone-Gesellschafter zu klären haben. Formell unterschrieben hat die Funke-Gruppe eine solche Rahmenvereinbarung erst 2003. Damals eskalierte der Krone-Streit in die Öffentlichkeit: Krone-Gründer Hans Dichand setzte seinen jüngsten Sohn Christoph als Chefredakteur ein und gegen den Willen der Funke-Gruppe durch. Vor seinem Tod 2010 machte Dichand Christoph noch schnell zum Herausgeber.

Nun versucht die Funke-Gruppe, Dichand junior beide Funktionen über das Handelsgericht abzunehmen.

Das ist nicht so einfach: Erst gilt es zu klären, ob dafür nicht vielmehr ein Schiedsgericht zuständig ist, sagt Richterin Kerstin Just. Sie führt das Verfahren über die Entlassung als Chefredakteur, ein Kollege die parallele Funke-Klage, um Dichands die Funktion des Herausgebers zu entziehen.

Pattstellung im März

Dichands Abberufung hat die Funke-Gruppe im März in einer Gesellschafterversammlung beantragt. Ergebnis: 50 Prozent Funke/Benko dafür, 50 Prozent Dichands dagegen. Die Funkes argumentieren nun vor Gericht, die geerbten Dichand-Stimmen hätten laut Verträgen weniger Gewicht. Und: Gesellschafter Christoph Dichand dürfte mit seinen 12,5 Prozent über seine Abberufung nicht mitstimmen.

All das wird noch länger nicht vor Gericht geklärt: Denn die Funke-Gruppe kündigte (schon vielfach, zuletzt mit 30. Juni 2019) die Rahmenvereinbarungen mit Vorabgewinn, Schiedsklausel und Co. Ein Schiedsgericht nach Schweizer Recht entscheidet voraussichtlich im September darüber, ob die Verträge noch gelten, erwarten beide Seiten in seltener Einigkeit.

Und sie können sich auch darauf einigen, dass sie das Verfahren vor dem Handelsgericht bis dahin unterbrechen.

Am Rande der Verhandlung zeigt sich: Dichand und Andreas Urban, Funke-Eigentümervertreter in der Mediaprint, haben einander wenig zu sagen. Nach Annäherung sehen sie nicht aus.

Die braucht es jedenfalls dann nicht mehr, wenn das Schiedsgericht die Rahmenvereinbarung aufhebt. Ein Ende der Vorrechte ist Bedingung für eine Kaufoption Benkos über die übrigen Funke-Anteile an der Krone.

Benko soll auf ein Prozent verzichten

Michael Dichand, Christophs älterer Bruder, schlägt gerade im Journalist vor, Benko möge sich mit 49 Prozent an der Krone begnügen und ein Prozent den Mitarbeitern überlassen. Die Belegschaft stellte sich im Krone-Gesellschafterstreit bisher stets hinter die Dichands – Michaels Vorschläge laufen auf Stimmenmehrheit für sie hinaus.

Das Schiedsverfahren gegen die Kündigung der Vorrechte ist übrigens nicht das einzige derzeit zwischen den Krone-Gesellschaftern: Die Dichands haben die Beteiligungsfirma von Funke/Benko auf Auszahlung eines Gewinns geklagt – die Funkes bestritten die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts. Ende des Jahres wird darüber in Zürich verhandelt. (Harald Fidler, 4.7.2019)