Mängel und Versäumnisse im Eurofighter-Verfahren beschäftigen die Justiz – jeder gegen jeden.

Foto: der Plankenauer Presse-Bildagent

Die Gräben sind tief. Auf der einen Seite die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwälte, die sich in der Causa Eurofighter in einer eskalierten Dienstbesprechung von Vorgesetzten im Justizministerium unter Druck gesetzt fühlten. Und die Anzeige wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauchs erstattet haben – gegen den Strafsektionschef und damalige Generalsekretär Christian Pilnacek sowie den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs. Die Anzeige wurde von der Staatsanwaltschaft Linz ohne Ermittlungen zurückgelegt.

Auf der anderen Seite also hochrangige Beamte wie Pilnacek oder der OStA-Chef. Er zog Konsequenzen – und erstattete gegen die fünf Staatsanwälte (inklusive Behördenleiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda) Straf- und Disziplinaranzeige. Der Vorwurf, abgesehen von Verleumdung: Die WKStA-Juristen hätten die Dienstbesprechung rechtswidrigerweise heimlich auf Tonträgern aufgenommen und weiterverbreitet sowie falsch übertragen (Fälschung eines Beweismittels).

Tonaufnahme nicht illegal

Auch diese Anzeige landete bei der StA Linz, auch sie soll, wie DER STANDARD erfahren hat, demnächst zurückgelegt werden. Das Justizministerium bestätigt nur, dass der Vorhabensbericht bereits geprüft werde. Dass am Vorwurf mit der illegalen Tonaufnahme nichts dran sein dürfte, hat schon die Generalprokuratur anlässlich der Zuweisung der Causa nach Linz festgehalten. Das Vorgehen sei nicht "tatbildlich".

Die von ihren Vorgesetzten angezeigten Staatsanwälte, die zuvor ihre Vorgesetzten angezeigt hatten, wehren sich gegen die Vorwürfe. Laut Stellungnahme ihres Anwalts an die StA Linz durfte das Gespräch mitgeschnitten werden, und es sei auch niemand verleumdet worden: "Wären die Mitarbeiter der WKStA den Aufforderungen von Pilnacek und Fuchs nachgekommen und hätten sie den Eurofighter-Akt (...) nur schnell erledigt, hätten sie sich selbst strafbar gemacht", schreibt Anwalt Johannes Zink. Eine Verdachtslage (für Amtsmissbrauch) habe damals also bestanden, die WKStA habe das zur Anzeige bringen müssen.

Desaströs oder standesgemäß?

Auch der Verdacht der Beweismittelfälschung wird zurückgewiesen – und als Beleg dafür hat der Anwalt das von den Staatsanwälten verfasste (kürzere) Protokoll mit jenem (längeren) verglichen, das die Oberstaatsanwaltschaft erstellt hat.

Zum einen seien in diesem Protokoll "grobe, teils sinnverzerrende Übertragungsfehler" zu finden. So habe Pilnacek zum Ermittlungsverfahren Eurofighter gemeint, es sei "desaströs" gelaufen"; im OStA-Protokoll heißt es stattdessen, es sei "standesgemäß" gelaufen. An anderen Stellen seien Zitate falschen Personen zugeordnet worden, bei etlichen Zitaten ist nur von "Frau" oder "Mann" die Rede.

In der Dienstbesprechung am 1. April hätten die WKStA-Staatsanwälte laut ihrer Stellungnahme ihre Vorgesetzten informieren wollen, welche "groben Mängel und Versäumnisse" sie in den bisherigen Eurofighter-Ermittlungsverfahren (vor der StA Wien) festgestellt hätten, und um personelle Unterstützung bitten wollen.

"Dreck abarbeiten"

Die Sitzung ist dann aber eskaliert. Wie es dabei zugegangen ist, erschließt sich auch aus dem rund 90-seitigen Protokoll, das der OStA zur Untermauerung ihrer Anzeige dient. So äußerte sich Pilnacek im Bezug auf Vector (dort landeten Geldflüsse) so: Man möge sich darauf konzentrieren, "diesen Vector-Komplex abzuarbeiten, Entschuldigung, wenn ich das so sage: diesen Dreck abzuarbeiten". Dass Pilnacek meinte, man solle Verfahrensteile "derschlagen" (also einstellen), man würde "ein Aug zudrücken", ist ja schon länger bekannt; er meint, das sei aus dem Zusammenhang gerissen.

Pilnacek plädierte, wie bisher den Vorwurf der Geldwäsche (§ 165 Strafgesetzbuch) zu verfolgen und nicht, wie die WKStA meint, auf Untreue: "Ich würde (...) einen dicken Strich ziehen und mit Scheuklappen da durchgehen mit dem 165er." Deftig wurde ein (inzwischen für die Causa Eurofighter zuständiger) Staatsanwalt: "Das war wirklich ein Schas, was die Staatsanwaltschaft Wien gemacht hat."

Pilnacek will nichts zum Verfahren sagen und hofft auf die vom Exjustizminister verordnete Mediation. "Wir versuchen, die sinnvoll abzuwickeln." (Renate Graber, 3.7.2019)