Ab Dezember werden Österreichs Behörden bei Ermittlungen Gesichtserkennungssoftware nutzen, um Verdächtige ausfindig zu machen.

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Ab Dezember will die österreichische Polizei Verdächtige anhand von Gesichtserkennungssoftware identifizieren. Dabei ist geplant, in Zukunft Bilder aus Überwachungskameras zu nutzen und sie mit einer polizeieigenen Referenzdatenbank abzugleichen. Hierfür kommt Software des Dresdner Unternehmens Cognitec Systems zum Einsatz, wie durch Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage bekannt wurde.

Die Firma beliefert Behörden und Unternehmen auf internationaler Ebene. Neben eigenen Büros in Europa, den USA und Australien werden weitere Kunden über mehr als 50 Partner auf allen Kontinenten bedient. Zu den Nutzungszwecken gehören etwa Grenzkontrollen, aber auch die Strafverfolgung. Damit schließt sich Österreich einem internationalen Trend an: Immer mehr Behörden greifen zu der Methode, einerseits um die Überwachung zu verschärfen, andererseits um Ermittlungen zu erleichtern. "Das ist per se nicht fragwürdig", sagt der Informatiker Robert Sablatnig von der Technischen Universität (TU) Wien dazu. Software wird mittlerweile sowohl zur Erkennung als auch zur Authentifizierung verwendet. "Es ist mittlerweile eine Standardtechnologie. Etwa auf Flughäfen vergleichen Programme Reisepassfotos mit Kamerabildern."

Funktionsweise

Im Grunde genommen wird die österreichische Polizei Fotos aus eigenen Referenzdatenbanken mit Bildern aus Überwachungskameras automatisiert abgleichen. Meldet die Software einen Treffer, soll dieser von einem Menschen nachgeprüft werden. "Für solche Zwecke werden ja zum Beispiel Fingerabdrücke seit Jahren genutzt", sagt Sablatnig. Aus der Sicht des Experten sei das nicht bedenklich, solange die Justiz dahinterstehe. "Die Erkennungen werden ja nicht als Tatsache gehandhabt. Ein Mensch trifft die Entscheidung, dann werden die Informationen an Gerichte übermittelt, die sie wiederum mithilfe von Sachverständigen überprüfen und urteilen, ob das stimmt", sagt der Professor. Schlimm wäre es, wenn man nur anhand der Meldung der Software jemanden verhaftet, sagt er. Hierzulande mache man bei der Nutzung technischer Mittel eher zu wenig als zu viel: "Das ist in Österreich eher rudimentär."

Kritik

Vor allem in den USA wird die Verwendung von Gesichtserkennungssoftware durch Strafverfolgungsbehörden heftig kritisiert. Dort reicht in manchen Bundesstaaten eine – womöglich fehlerhafte – Erkennung für eine Festnahme. So kam 2018 etwa eine Studie einer Forscherin des MIT Media Lab und eines Microsoft-Forschers zu dem Fazit, dass die Fehlerrate bei der Erkennung von dunkelhäutigen Frauen bei drei getesteten, populären Gesichtserkennungsprogrammen bei 23,8 bis 36 Prozent liege. Bei hellhäutigeren Männern liege sie hingegen bei 0 bis 1,6 Prozent. Insgesamt wurden Männer zu 91,9 Prozent erkannt, Frauen hingegen nur zu 79,4 Prozent, heißt es in der Studie.

Wie exakt die Erkennung funktioniert, variiere je nachdem, mit welchen Trainingsdaten die Software "ausgebildet" wurde, erklärt Sablatnig. Die Algorithmen werden zunächst mit Daten des Anbieters trainiert – diese werden jedoch nicht offengelegt. Dann wird anschließend eine händische Bewertung der eigenen Daten vorgenommen und das Programm "nachtrainiert" .

Eingriff in die Bürgerrechte

Die US-Stadt San Francisco hat im Mai den Ankauf, Besitz sowie die Verwendung von Gesichtserkennung durch Behörden verboten. Aus Sicht des Stadtrats bestehe die Gefahr rassistischer Ungerechtigkeit. Zudem handle es sich um einen Eingriff in die Bürgerrechte. Befürworter halten dem entgegen, Gesichtserkennung helfe der Polizei im Kampf gegen die Kriminalität und bringe mehr Sicherheit.

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU zum Beispiel warnt, dass die Öffentlichkeit mit der Technologie wahllos und ohne konkreten Verdacht oder Anhaltspunkt flächendeckend überwacht werden könne. (muz, 3.7.2019)