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Die Staats- und Regierungschefs der EU widmen sich einmal mehr "weiteren Schritten der Annäherung des Westbalkans an die EU". Diesmal am Donnerstag und Freitag in Posen, Polen. Dass diese Schritte in vielen Fällen kaum messbar sind, tut dem üblichen Pathos solcher Gipfel keinen Abbruch. Und wenn die politischen Phrasen gedroschen sind, dann können alle getrost wieder heimfahren. Alles muss sich ändern, damit am Balkan alles bleibt, wie es ist.

Von Kooperation bis Korruption

Gegen dieses Balkangipfel-Ritual nimmt sich die absurde Rundreise der montenegrinischen Comedy-Truppe "The Books of Knjige" fast wie Normalität aus. Die vier Herren, eine Art Monty-Python-Combo aus Cetinje, haben Paris, Brüssel, Berlin und eben Posen besucht und eine völlig durchgedrehte Groteske darüber gedreht, die all das Gerede von "regionaler Kooperation" bis "Korruption" satirisch ins Surreale dreht. "Eines Tages werden wir alle in Europa begraben sein", heißt der Zweiteiler, der auf Youtube mit englischen Untertiteln zu sehen ist (doppelt C drücken).

The Books of Knjige

In Paris zum Beispiel suchen zwei montenegrinische Anstreicher ihren Onkel Vojo, der ihnen Arbeit und Geld versprochen hat – sie sollen den Eiffelturm streichen. Weil Vojo nicht auffindbar ist, suchen sie den Turm im Alleingang. Dabei finden sie allerdings Damenbegleitung und vermeintlich den in Paris ansässigen montenegrinischen Prinzen Nikola (es stellt sich heraus, dass in "seiner" Wohnung ein Afrikaner lebt). Als sie Paris wieder verlassen, erstrahlt der Eiffelturm jedenfalls in schönstem Reinweiß.

Spanferkel im Parlament

In Brüssel versuchen Vater und Sohn beim Cousin eines Bekannten, der im Europaparlament arbeitet und "alle Probleme lösen kann", zu erwirken, dass erstens der Bub eine Arbeit bekommt und zweitens das Europaparlament vor allem endlich eine wichtige Nachbarschaftsstreitigkeit löst. Immerhin läuft die Grundstücksgrenze zum Nachbarn genau in der Mitte durch das Grab des Großvaters. Der Cousin zeigt sich allerdings wenig kooperativ. Das Problem lösen auch 75 Euro Bestechungsgeld nicht (die restlichen 25 des Hunderters würden die beiden noch für Hühnchen am Bahnhof brauchen). Sie müssen unverrichteter Dinge abziehen und lassen das als Gastgeschenk mitgebrachte Spanferkel mitten in einem Sitzungssaal des Parlamentes zurück. Vielleicht findet es ja einer.

The Books of Knjige

In Berlin trifft Gospodin Milović auf Gospodin Carnojević, der mit Grabstätten handelt und auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof "Gräber für VIP-Gäste" mit USB-Anschluss und allem Drum und Dran einrichten will. Zu diesem Zweck treffen die beiden auf dem Friedhof ("Hier liegt Hegel. Ah, ich habe alle seine Filme gesehen") einen Industriellen und kaufen ihm eine Parzelle ab. Carnojević erklärt ihm das Geschäftsmodell so: "Wir kaufen hier ein Stück Land, damit wir es unseren Leuten verkaufen und die unter guten Bedingungen leben können, wenn sie tot sind."

Der Kopf explodiert

In Posen schließlich findet der gestrandete montenegrinische Straßenmusiker Purasić einen Fan, der ihm helfen möchte, seinen auf polizeiliche Anordnung mitzuführenden "Neutralisator" loszuwerden. Dieser hindert ihn daran, nach Hause zu fahren und sich auch in Europa zu bewegen, weil beim Überschreiten einer Grenze "sein Kopf explodieren" würde. Das Vorhaben gelingt natürlich nicht. Am Ende muss selbst der ambitioniert vertrottelte Fan Purasićs einsehen: "Es muss an dir liegen."

Rambo Amadeus

Grußlos zieht er Leine. Der Zuseher mag an den Balkangipfel denken – und die Turbofolk-"Ode der Freude" im Ohr haben, die der Songcontest-Teilnehmer Rambo Amadeus unlängst veröffentlicht hat. (Christoph Prantner, 4.7.2019)