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Das International Hotel Vienna in der Stadt Sanya in Hainan darf seinen Namen behalten.

Foto: AP/Chinatopix

Die Alpenrepublik Österreich genießt in der Volksrepublik China einen exzellenten Ruf. Das gilt seit kurzem nicht für ihre Hauptstadt. Beamte der südlichen Inselprovinz Hainan wollen den Namen "Wien" nicht mehr sehen. Ihr Amt für zivile Angelegenheiten erließ am 10. Juni eine Verbotsliste, auf der 84 Hotels, Siedlungen, kulturelle Einrichtungen oder Straßen wegen ihrer bizarren, übertriebenen oder ausländischen Namen kritisiert werden. Diese seien unpatriotisch, weil sie dem Ausland "blind vertrauen und es anbeten".

Im Visier sind Hotels mit Namen wie Madrid, Heidelberg, Versailles und Wien. "Vienna" steht gleich 15-mal auf der Tabuliste, weil eine große Hotelkette ihre Nobelherbergen auf der Insel "International Hotel Vienna" nennt. Sie erhielt wie alle Betroffenen eine Woche Frist, um ihren "nicht dem Standard" entsprechenden, ausländischen Namen zu streichen und sich eine chinesische Bezeichnung zu suchen.

Übereifrige Behörden starteten in weiteren Provinzen von Guangdong bis Gansu ähnliche Aktionen, um auch bei ihnen anstößige Namen entfernen zu lassen. Sie beriefen sich auf Reden von Staatschef Xi Jinping, der Selbstvertrauen wegen Chinas 5.000-jähriger Kultur und mehr Stolz auf die chinesische Sprache predigt.

Angebliche Paradiese

Doch Bau- und Immobilienprojekten ausländische Namen zu geben, ist seit Beginn der Öffnung Chinas Teil des Marketings, schreiben chinesische Zeitungen, die der amtlichen Kampagne wenig abgewinnen. Kritik wird aber an Maklern laut, die übertreiben, wenn sie öde Wohngebiete betrügerisch als kaiserliche Gärten, imperiale Residenzen, Strand- und Seenparadiese anpreisen. Grotesk ist, wenn Straßen in Provinzstädten Champs-Élysées und Wohngebiete Manhattan oder Beverly Hills heißen.

Das rechtfertigt aber die willkürlichen Verbote nicht, kritisieren Blogger. Provinz-Kulturwächter machten aus politischen Gründen mobil, nachdem Pekinger Ministerien vergangenen Dezember zur Korrektur verpönter Namen aufgerufen hatten. Erneut, denn Chinas Partei hat seit 1949 in sechs Kampagnen versucht, Straßen-, Platz- und Gebäudenamen zu ändern. Dabei ging es vor allem gegen feudale oder politische Bezeichnungen, die angeblich die Souveränität und Würde der Nation beschädigten oder nicht zu ihren sozialistischen Werten passten.

Zum Albtraum für Brief- und Telegrammzusteller führte die Kulturrevolution, als Chinas Rote Garden 1966 allein in Peking 23 Hauptstraßen und Hunderte Gassen "rot" umbenannten. Die Straße vor der sowjetischen Botschaft tauften sie in "Anti-Revisionsmus" um, die vor der britischen Mission in "Anti-Imperialismus". 1975 wurden die letzten revolutionären Namen wieder durch die alten Adressen ersetzt.

Bei Karl Marx anfangen

Die jetzige Kampagne gegen ausländische Namen erntet viel Spott. Blogger fragen, warum die Behörden nicht mit dem Namen Karl Marx anfangen. Selbst die parteiamtliche Volkszeitung ging auf Distanz. Sie riet den Provinzen, nicht "alles über einen Kamm zu scheren".

Das treibt auch die Bürger um. Für einen Namensaustausch reicht nicht der Schilderwechsel. Wohneigentum und Haushalt (Hukou) sind heute amtlich registriert. Änderungen vom Personalausweis bis zu den Verkehrs-Navigationssystemen kosten viel Geld, Zeit und Mühe.

"Vienna" bleibt

Die Hotelgruppe Vienna ist bei all dem mittlerweile wieder aus dem Schneider. Es sei ihr seit 2012 eingetragenes Markenzeichen, wurde festgestellt. Das Markenamt der staatlichen Verwaltung für Industrie und Handel habe es bis 2022 registriert. Darauf gab das Amt für zivile Angelegenheiten klein bei. Es bestätigte schließlich: Das Warenzeichen ist geschützt. Die Hotels auf Hainan dürfen weiter "Vienna" heißen. (Johnny Erling aus Peking, 5.7.2019)